Rezension

Spannend und interessant

Die Salbenmacherin - Silvia Stolzenburg

Die Salbenmacherin
von Silvia Stolzenburg

Bewertet mit 5 Sternen

„...Warum war sie nur so dumm gewesen, mit Laurenz hierher zu reisen?...“

 

Wir schreiben das Jahr 1408. In Konstantinopel lebt die 16jährige Olivera mit ihrer Großmutter Yiayia, ihrem Vater und mehreren Geschwistern. Von ihrer Großmutter hat sie das Zubereiten von Salben gelernt. Aber Olivera kennt nur ein Ziel. Sie möchte endlich heiraten. Als Laurenz, ein Tübinger Kaufherr, bei ihrem Vater vorspricht, glaubt Olivera den Mann ihrer Träume gefunden zu haben. Ihr Vater erkennt, welchen Vorteil die Verheiratung der Tochter für ihn bringt, und stimmt der Ehe zu. Olivera macht sich mit Laurenz auf den Weg in den Norden.

Die Autorin hat einen abwechslungsreichen und fesselnden historischen Roman geschrieben, der sich zügig lesen lässt und sich durch einen hohen Spannungsbogen auszeichnet.

Die Protagonisten werden gut charakterisiert.

Olivera schlägt die Warnungen ihrer Großmutter in den Wind. Als selbstbewusste junge Frau aufgewachsen, ahnt sie nicht, dass sie in Tübingen nicht willkommen ist. Die Autorin hat Oliveras Entwicklung sehr gut nachgezeichnet. Nicht nur die kalten und nassen Temperaturen des Nordens, auch die negative Einstellungen der einheimischen Bevölkerung wirken bedrückend. Bald muss sie begreifen, dass Laurenz nicht der Mann ist, den sie zu heiraten glaubte.

Laurenz ist von Oliveras Schönheit beeindruckt. Doch er hat sich in illegalen Reliquienhandel verstrickt und sein weg führt Schritt für Schritt abwärts. Sein Leben wird zunehmend durch die Entscheidungen anderer bestimmt.

Zwei Themen geben dem Roman sein besonderes Gepräge. Das ist zum einen die medizinische Lehre der damaligen Zeit und der Umgang mit Heilkräutern, zum anderen der ausufernde Reliquienhandel. Bei letzterem sprengt die Gier der Verantwortlichen alle Grenzen.

Der Schriftstil des Buches ist der heutigen Zeit angepasst.Trotzdem wird das flair der Vergangeheit anschaulich vermittelt. Dazu nutzt die Autorin geschickt in die Handlung integrierten Gegenüberstellungen. Die Beschreibung von Oliveras Elternhaus macht ihren Schrecken verständlich, als sie in die Enge Tübingens kommt. Auch das Innere der Häuser ist nicht miteinander zu vergleichen. Gewöhnt an Licht, Luft und Weite dominiert nun Begrenztheit und Düsternis. Mit Götz, Apotheker und Bruder von Laurenz, tauscht sich Olivera über medizinische Probleme aus .Dabei zeigt sich, dass die Kenntnisse in Konstantinopel weit tiefgehender waren als in Tübingen. Trotzdem bringen mich einige Aussagen, wenn ich sie mit heutigen Wissensstand vergleiche, zum Schmunzeln. Sehr ausführlich wird die Reise von Kostantinopel nach Tübingen beschrieben. Kälte, mangelnde Hygiene und die Gefahr von Schiffsunglücken sind mit den Händen greifbar. Das Marktleben in Tübingen, die Möglichkeiten der Manipulation der Waren, aber auch die Härte der Strafen werden an passender Stelle thematisiert. Viel Wert wird auf die Gefühle der Protagonisten gelegt. Sie werden durch Worte und Taten wiedergegeben. Laurenz` innere Zerrissenheit, die sich in Aggressivität entlädt, Oliveras Heimweh und Einsamkeit sind zwei Beispiele, die weite Teile der Geschichte durchziehen.

Im Nachwort werden Fakten und Fiktion getrennt. Eine Bibliografie enthält weiterführende Literatur.

Das Cover mit den Blick auf Tübingen und der jungen Frau im Vordergrund passt. Das Lesebändchen wertete das Buch auf.

Der Roman hat mir sehr gut gefallen. In einer vielschichtigen Handlung wird die Vergangenheit lebendig. gleichzeitig wird deutlich, dass sich manche dinge über die Jahrhunderte nur wenig geändert haben.