Rezension

Spannende Irrwege und erinnerungswürdiger Rätselspaß

Erinnere dich! -

Erinnere dich!
von Max Reiter

Bewertet mit 4 Sternen

Vor 20 Jahren ist Arnos Freundin auf einer Wanderung verschwunden. Er hat die Erinnerung an diese Zeit verdrängt. Jetzt steht das Abi-Treffen an und dabei kommen die Bilder von damals wieder hoch. War der Ablauf tatsächlich so, wie er all die Jahre dachte? Oder schlummert in den hintersten Winkeln seines Gedächtnisses eine furchtbare Wahrheit?

"Erinnere dich!" von Max Reiter ist ein kniffelig-spannender Thriller, der mit dem Subtilen und dem Gedächtnis spielt.

Maja ist vor 20 Jahren auf einer Wanderung abhanden gekommen. Damals war sie gemeinsam mit Arno und einem befreundeten Paar unterwegs. Seither hat Arno sein Leben gelebt und kaum über die Ereignisse nachgedacht. Zu bedrückend war die Erinnerung an seine erste große Liebe, mit der er gerne alt geworden wäre. 

Nun wird er zum Abi-Treffen eingeladen und Erinnerungsfetzen kommen hoch. Noch dazu fordert ihn ein mysteriöser Unbekannter auf, sich die Wahrheit einzugestehen und tyrannisiert Arno regelrecht damit, dass er sich erinnern muss. War es wirklich so, wie er immer dachte? Oder hatte er schon in der Vergangenheit die Ereignisse falsch eingeschätzt?

Max Reiter schrieb mit "Erinnere dich!" einen originellen Thriller, der den Leser auf die Spuren der Wanderung vor 20 Jahren führt. Dazu lässt er Arno zurückdenken und konfrontiert ihn gleichzeitig mit einschüchternden Geschehnissen in der Gegenwart.

Der Autor spielt mit der Interpretation von Situationen, die oft mit einem späteren Blick, mehr Erfahrung und Wissen zu einer ganz anderen Einschätzung führen. Kennt ihr das, wenn ihr ein Ereignis in der Vergangenheit falsch zugeordnet habt? Ein oder zehn Jahre später weiß man mehr über den Rahmen und die Zusammenhänge, und merkt, dass man damals auf dem falschen Dampfer gewesen ist. Auf dieses Phänomen stützt Max Reiter seinen Thriller, der im Endeffekt äußerst gelungen ist. 

Zuerst mochte ich, dass der Protagonist anhand seiner Lebenssituation vorgestellt wird. Der Leser begleitet seinen Alltag als Mitarbeiter einer Universität, erhascht einen Blick in die kargen Liebesaktivitäten und den allgemeinen Trott. Dann schleichen sich Hinweise auf Maja, seine früheren Freunde und die damaligen Ereignisse ein. Bis er letztendlich beim Abitur-Treffen ringsum von falschen oder richtigen Erinnerungen umzingelt wird.

Beide Erzählstränge fand ich gelungen. Der Kontrast zu den handelnden Personen von damals und gegenwärtig wird solide gegenübergestellt. Während die frisch gebackenen Abiturienten voller Träume und Zuversicht in die Zukunft sehen, schauen die Erwachsenen von heute ein bisschen wehmütig in die Vergangenheit. Und jeder hat eine eigene Theorie, was mit Maja geschehen ist.

Der Autor hat Arnos Beziehung zu den alten Freunden nachvollziehbar aufbereitet. Obwohl es schon immer die eine oder andere Missstimmung gab und Jahrzehnte dazwischen liegen, ist man sich sofort wieder vertraut und fällt in die einstige Rollenkonstellation zurück.

Die Handlung an sich, die Hintergründe und was tatsächlich geschehen ist, war einerseits schockierend, hat dem Thriller dennoch nicht hauptsächlich Spannung gegeben. Weitaus fesselnder war es, gemeinsam mit Arno in seinen Erinnerungen zu wühlen, den Gefühlen auf den Grund zu gehen, die Bilder neu zu interpretieren und sich dabei zu fragen, was wirklich passiert ist. 

Meiner Meinung nach hat Max Reiter mit „Erinnere dich!“ einen fesselnden Thriller präsentiert, der zum Miträtseln anstachelt und auf spannende Irrwege führt.