Rezension

Startete vielversprechend, verlor sich aber schnell in belanglosen Details - zäh und langatmig

Die Schöpfer der Wolken - Marie Graßhoff

Die Schöpfer der Wolken
von Marie Graßhoff

Bewertet mit 2 Sternen

Es gibt Rezensionen, die mir leicht fallen. Und es gibt Reviews, die wollen mir einfach nicht so recht von der Hand gehen. Meine Rezension zu Marie Graßhoffs Die Schöpfer der Wolken fällt definitiv in die zweite Kategorie, weil ich immer noch nicht so recht weiß, wie ich diese Geschichte für mich einordnen soll. Auf jeden Fall habe ich ewig gebraucht, um das Buch zu lesen und habe sogar zwei weitere Bücher eingeschoben, was ich sonst eigentlich nicht mache. Die Schöpfer der Wolken ist einfach anders, speziell, ungewöhnlich. Das ist prinzipiell schon mal super, weil es einfach zeigt, dass Marie Graßhoff ihre Geschichten nicht mit Gewalt in irgendein Genre quetscht oder in ein bestimmtes Schema presst. Man spürt ganz deutlich, dass Die Schöpfer der Wolken direkt aus Maries Seele aufs Papier floss - das ist etwas Besonderes und für mich ganz klar das gewisse Etwas, das die große Magie der Geschichte ausmacht.

Ich bin auch ein bisschen verliebt in Marie Graßhoffs Schreibstil, denn auch in dieser Hinsicht bricht sie alle Konventionen und macht es einfach genauso, wie sie es für richtig hält, wie sie die Worte fühlt. Ihre Art zu erzählen wirkt auf jeden Fall außergewöhnlich, ein wenig schwermütig und melancholisch vielleicht, aber auch auf gewisse Weise leicht und zauberhaft. Sie passt zur Geschichte und harmoniert wunderbar mit Setting und Charakteren.

Die Grundidee der Geschichte hat mich schnell fasziniert: Das Rätsel um Ciaras geheimnisvolle Fähigkeit und die Talente der anderen drei jungen Menschen, denen sie in Shanghai begegnet, hat mich schnell gefangen genommen und wahnsinnig interessiert. Auch das Setting selbst, das Konstrukt aus verschiedenen, sich überlappenden Dimensionen, die irgendwie aus dem Gleichgewicht geraten sind, ist fantastisch und originell.

Jetzt komme ich allerdings schon zum ersten Aber. Der Grund, warum mich die Geschichte bis zum Ende nicht so fesseln konnte, dass ich sie in einem Rutsch hätte durchlesen wollen, ist: Es gibt bis auf wenige Ausschläge eigentlich keinen Spannungsbogen. Anfangs wird durch Kobas Tod und Ciaras Reise nach Shanghai sowie die Einführung der Figuren von Xia, Wesley, Brendan und Andrew durchaus Spannung aufgebaut, der Mittelteil allerdings zieht sich gefühlt endlos. Es passieren viele Dinge, die die Handlung kein Stück vorantreiben - die Geschichte schleppt sich über weite Strecken ganz einfach quälend langsam dahin. Auch wenn es durchaus das ein oder andere rasante und explosive Handlungselement gibt - ich verlor sehr sehr schnell das Interesse an der Geschichte. Das Interesse an den Charakteren. Und das Interesse an der Auflösung.

Leider bietet die Handlung insgesamt sehr wenige Höhepunkte und Plot Twists. Das ein oder andere hat mich durchaus überrascht, es dabei aber nicht geschafft, mich wieder zurückzuholen und mitzureißen. Vor allem auch deswegen, weil vieles blass blieb. Allen voran die Charaktere - Die Schöpfer der Wolken hat viele Protagonisten, auf denen in den Kapiteln abwechselnd der Fokus liegt. Das Gute daran: Man selbst als Leser hat einen guten Rundumblick und erfährt die Handlung aus verschiedenen Perspektiven. Der große Nachteil in diesem Fall: Man weiß selbst nicht so recht, auf welche Figur man sich konzentrieren soll. Fühlt man sich gerade einem Charakter besonders nahe, ist das Kapitel schon wieder zu Ende und es geht um eine andere Figur. Gleichzeitig bleiben die Charaktere beinahe durch die Bank weg blass. Ich habe daher leider schnell das Interesse an ihren Schicksalen verloren. Kurioserweise habe ich am Ende gerade mit den beiden Figuren am intensivsten mitgefühlt, über die man am wenigsten erfährt - Andrew und Koba. Vielleicht hätte es sich gelohnt, die Perspektive ein wenig einzuschränken und sich besonders auf diese beiden Figuren zu fokussieren, denn sie haben eindeutig das größte Potential.

Überhaupt scheint es so, als habe Marie Graßhoff beim Schreiben das eigentliche Ziel der Geschichte aus den Augen verloren. Ich hatte an vielen Stellen das Gefühl, dass es einfach nicht vorwärts geht, dass Elemente, die für die Handlung eigentlich gar nicht relevant sind, zum Auffüllen benutzt wurden. Trotz der großartigen Grundideen und dem faszinierenden Konzept der Dimensionen fehlt es der Geschichte meiner Meinung nach an Tiefe. Trotz der doch recht hohen Seitenzahl werden viele Dinge nur oberflächlich behandelt - von den Charakteren über die verschiedenen Dimensionen und die Fähigkeiten der Figuren bis hin zum drohenden Ende der Welt. Offene Fragen, die auch am Ende nicht beantwortet werden, machen das Dilemma für mich perfekt. Schlussendlich war ich einfach froh, als ich das Buch endlich zuklappen und beiseite legen konnte - trotz der Poesie in einigen, wirklich fantastischen Textpassagen, trotz der gelungen umgesetzten Atmosphäre und dieser Andersartigkeit, die mich so fasziniert hat.

Mein Fazit:
Die Schöpfer der Wolken ist anders, faszinierend fremdartig und unkonventionell - leider aber absolut nicht die richtige Geschichte für mich. Obwohl ich einige der Grundideen durchaus spannend und Marie Graßhoffs Schreibstil bestechend eigen und poetisch finde, musste ich mich über weite Strecken durch das Buch quälen, verlor viel zu schnell das Interesse an Charakteren und Handlung und konnte mich letztlich mit so gar nichts an dieser Geschichte identifizieren. Zusätzlich empfand ich den Roman als ziemlich langatmig, unspektakulär und irgendwie auch unausgereift. Aus dieser Idee hätte bestimmt Großartiges werden können, für mich aber bleibt die Geschichte leider oberflächlich und schwach. Obwohl ich sehr sehr sicher bin, dass sie für andere Leser perfekt ist. Man muss es wahrscheinlich einfach mögen - oder eben nicht.