Rezension

Süße, leichte & neue Geschichte

Liberty Bell - Johanna Rosen

Liberty Bell
von Johanna Rosen

Inhalt:

Ernesto und seine Freunde leben unbekümmert und sorglos in den Tag hinein. Sie sind genau wie alle anderen Teenager. Sie treffen sich, kiffen zusammen, reden über Mädchen und beschweren sich über ihr langweiliges kleines Heimatstädtchen, in dem nie etwas Aufregendes passiert. Doch dann geschehen Dinge, die sie sich nie erträumt hätten. Ronan, einer von Ernestos Freunden entdeckt eines Tages auf einer Fahrradtour mitten im Wald ein nacktes Mädchen, das scheinbar dort, mitten im Nichts, lebt. Die Freunde finden das Mädchen und beschließen, niemandem von ihr zu erzählen. Doch einer verrät die Gruppe und sucht das Mädchen erneut im Wald auf und zeichnet alles auf. Natürlich stürzen sich die sensationslüsternden Medien sofort auf diese Story und Liberty Bell, das Mädchen aus dem Wald wird sofort in ein Krankenhaus in der "Schattenwelt", wie sie die Zivilisation nennt, verfrachtet. Ernesto fühlt sich zu dem geheimnisvollen Mädchen hingezogen und versucht mit allen Mitteln sie zu beschützen. Doch mt Liberty Bell kommt auch das Unglück nach Old Town. Ein Mord geschieht und die Menschen in Ernestos Umfeld werden immer merkwürdiger. Anscheinend versucht jemand mit aller Gewalt zu verhindern, dass die Wahrheit von Liberty Bells Herkunft und Vergangenheit ans Licht kommt...

 

Schreibstil:

Johanna Rosen lässt die Geschichte durch ihren Schreibstil nach Kiefernduft riechen und nach Blätterrascheln klingen. Ihr leichter Schreibstil trägt dazu bei, dass ich das Buch durchgängig und mit viel Ausdauer lesen konnte. Selbst die anfängliche Langeweile der Handlung konnte mich nicht dazu bewegen, aufzuhören. Die Geschichte wird von einem außenstehenden, allwissenden Erzähler geschildert, der aus vielen Perspektiven beschreibt. Alles in allem ist Johanna Rosen's Erzählweise sehr ruhig und sanft, aber an manchen Stellen, besonders zum Ende hin, auch schnell. Mir ist aufgefallen, dass Johanna Rosen extreme Umgangssprache benutzt hat. Worte wie z.B. kiffen habe ich gelesen. Das stört mich jedoch nicht im Geringsten. Im Gegenteil: Das Buch lebt von seiner modernen Sprachweise und spricht viele - vor allem bestimmt auch die jüngeren Leser an.

 

Meine Meinung:

Diese Geschichte von Liberty Bell und Ernesto und seinen Freunden hat viele Facetten und sehr viele Geheimnisse. Ich konnte nicht aufhören zu lesen, bis ich nicht hinter jedes einzelne Geheimnis gekommen bin.  
Die Tatsache, dass ein Mädchen allein im Wald lebt und sich selbst versorgt und ernährt hat mich sehr an den Film "Mama" erinnert. Jedoch finde ich diese Begebenheit trotzdem spannend, weil es eine völlig neue Idee ist, die sich die Autorin hier ausgedacht hat. Als dann auch noch die Öffentlichkeit von Liberty Bell erfährt und die Medien sich wie Tiere auf sie stürzen, kommt die ganze Geschichte erst richtig ins Rollen. Denn genau zu diesem Zeitpunkt fängt das Buch an, richtig spannend zu werden. In der kleinen Stadt überhäufen sich die Ereignisse und keiner kann sich einen Reim auf die Morde und Unfälle machen. Der Leser wird sich ständig fragen, warum diese schrecklichen Dinge passiert sind und wer etwas damit zu tun hat. Wie bei vielen Büchern laufen die ganzen Verstrickungen aber dann am Ende zusammen und der Leser wird erst ganz am Ende des Buches von seiner Spannung erlöst und weiß endlich, wie alles zusammenhängt. So war es jedenfalls bei mir. Innerhalb von ein paar Seiten haben sich meine Vermutungen mindestens dreimal geändert und ich konnte mir bis zum Schluss hin absolut nicht denken, wer hinter den ganzen Sachen steckt. Man wird teilweise in die Irre geführt, sieht dann wieder ein wenig Hoffnung, die aber sofort im Keim erstickt wird, wenn etwas Neues passiert. Ich konnte mir nie sicher sein, wer hinter allem steckt und habe bis zum Schluss gegrübelt.
Das Cover passt perfekt zum Buch, aber ich glaube das hätte ich gar nicht erst erwähnen müssen. Das Rot zeigt schon, dass dieses Buch nicht nur ein normaler Roman über ein Mädchen aus dem Wald ist, das die Zivilisation kennenlernt und sich zum ersten Mal verliebt. Natürlich ist ein Wald zu sehen, etwas anderes hätte ich selbst auf den Umschlag auch nicht darauf gedruckt. Liberty Bell gehört nun einmal dem Wald. Man konnte also keine großen Fehler bei Gestaltung und Titel machen.
 
Die beiden Hauptcharaktere, Liberty Bell und Ernesto, beide 17 Jahre alt, waren mir sehr symphatisch. Auf den ersten Blick wirkt Liberty Bell wie eine kleine, zerbrechliche Fee aber in Wirklichkeit ist sie ein Mädchen mit Charakter und Stärke. Manchmal wirkte sie regelrecht "süß" auf mich, besonders an den Stellen, an denen sie Schutz bei Ernesto gesucht hat und sich ihm annähern wollte. Ernesto wirkte auf mich am Anfang wie einer von seinen Freunden aber im Laufe des Buches habe ich gemerkt, dass er anders ist. Anders als seine Freunde, die nur das nackte Mädchen in Liberty Bell sehen, das verrückt zu sein scheint, sieht er in ihr eine verletzliche, traurig wirkende Person und genau das macht ihn symphatisch. Er fürchtet sich nicht vor der Außenseiterin und ihm gefällt es auch nicht, wie seine Freunde über das Mädchen aus dem Wald reden. Er sieht in ihr einen ganz normalen Menschen, der nur ein wenig verschreckt zu sein scheint und nähert sich ihr auf eine sanfte, ruhige Weise, die man bei männlichen Wesen ja eher selten sieht. Beide Charaktere wurden mir im Laufe des Buches symphatisch und ich habe sie sehr ins Herz geschlossen.
Doch nicht nur die beiden Protagonisten sind mir ans Herz gewachsen. Mehr oder weniger auch die Nebencharaktere. Da sind zum einen Ernestos Freunde: Ronan, Salvador, Jaden, Darayavahush und Mose. Am Anfang wird man von einer ganzen Flut von außergewöhnlichen Namen regelrecht überschwemmt, die in meinem Gehirn so einige Verwirrung gestiftet haben. Ernestos Freunde und ihre Familienmitglieder konnte ich erst ab der Mittes des Buches richtig auseinanderhalten. Leider sind die Freunde, trotz dessen, dass einige interessante Sachen über sie erzählt worden sind, relativ blass und im Hintergrund geblieben. 
Das Ende des Buches kam für mich sehr überraschend, fast noch überraschender als die anderen Dinge! Doch die Überraschung war eher negativ, denn das Ende fand ich nicht wirklich passend. Es bleiben so unglaublich viele Fragen offen und ich finde es sehr traurig, dass dieses Buch nur ein Einzelband bleiben soll. Die Autorin hätte ganz bestimmt viele Ereignisse, an die sie in einer Fortsetzung anknüpfen könnte. Ich würde einen zweiten Band jedenfalls sehr begrüßen!

 

Fazit:

Trotz eines enttäuschenden Endes konnte mich "Liberty Bell - Das Mädchen aus den Wäldern" fesseln und in seine Welt hineinziehen. Johanna Rosen spannt den Leser dermaßen auf die Folter und lässt ihn bis zum Ende hin rätseln. Das Buch punktet durch eine spannende Schlussphase und  durch in die irre führende Verstrickunge. Punktabzug gibt es jedoch bei den Nebencharakteren und besonders beim Ende. Die Autorin sollte auf jeden Fall über einen zweiten Band nachdenken!