Rezension

Tolle, moderne Literatur!

Slam - Nick Hornby

Slam
von Nick Hornby

Bewertet mit 4.5 Sternen

„Slam“ habe ich, weiß Gott wann, als Hörspiel aus der Bibliothek ausgeliehen. Es war einer meiner ersten Hörbücher, die ich gehört habe und ich liebte es. Seit dem greife ich immer wieder zu anderen Hörspielen, weil diese manchmal ein vollkommen anderes Gefühl hinterlassen als seine gebundenen Vettern.
Als mir „Slam“ dann als Mängelexemplar in die Hände fiel, war es sofort gekauft, fristete dann allerdings ein ödes Dasein auf meinem SUB. Bis vor ein paar Tagen.

Sam wünscht sich, er hätte Alicia nie kennengelernt. Auch wenn er vorkurzem von ihr noch hin und weg war. Immerhin spielt sie in einer völlig anderen Liga. Doch das ändert nichts daran, dass sie schwanger ist und er völlig überfordert. Auf der einen Seite, will er seine Pflicht als baldiger Vater erfüllen, auf der anderen Seite, würde er die kleinste Chance ergreifen, um sich aus der Situation herauszuwinden, um sein altes Leben wieder zu bekommen. Doch das Skaten und ein Poster von Tony Hawk helfen ihm zwischen den snobistischen Eltern von Alicia und geplatzten Zukunftspläne, erwachsen zu werden.

"Ich rede mit Tony Hawk, und Tony Hawk redet mit mir.
Einige von euch, wahrscheinlich dieselben, die auch denken, ich würde auf dem Eis Pirouetten drehen, werden nie von Tony Hawk gehört haben. Schön, ich sag`s euch, obwohl ihr den eigentlich kennen müsstet, ehrlich. Wenn man Tony Hawk nicht kennt, ist das so, als würde man Robbie Williams nicht kennen, oder meinetwegen Tony Blair. Es ist im Grunde sogar schlimmer. Denn es gibt endlos viele Politiker, endlos viele Popstars, und Hunderte von Fernsehsendungen... Aber er ist DER SKATER schlechthin. Er ist die J.K. Rowling unter den Skatern, der Bic Mac, der iPod, die Xbox. Für mich gibt es nur eine Entschuldigung, Tony Hawk nicht zu kennen, nämlich, dass man sich nicht für Skaten interessiert." S. 11/12

Der Begriff Slam kommt aus dem Skatboarder-Jargon und ist laut Wikipedia ein „Unkontrollierter und oft sehr schmerzhafter Sturz, bei dem ein Trick nicht sauber gelandet werden kann und es zu einem Sturz kommt“. Einen passenderen Titel hätte Nick Hornby gar nicht wählen können. Denn die Schwangerschaft von Alicia, Sams Vater werden, könnte man als seinen größten Slam in seinem bisherigen Leben beschreiben. Und ich fand es unheimlich cool bei jeder Sekunde dabei sein zu dürfen.
Denn Sam ist ein Typ, den muss man einfach gern haben. Er ist ein guter Kerl. Sam ist nett zu seinen Mitmenschen, hilfsbereit, gibt sich Mühe in der Schule, mobbt niemanden und hat sich auch noch nie mit jemanden geprügelt. Er ist manchmal etwas begriffsstutzig, was ihm einen gewissen Charme verleiht und ihn trotzdem nicht abhält, Euch seine etwas diffusen Gedanken mitzuteilen. Wieso ich vor allem mit Sam mitfühlen konnte, lag an der Erzählerperspektive: der Ich-Perspektive. Dabei hebt sich Nick Hornbys Stil, aber nochmal deutlich ab. Denn Ihr bekommt die Gedanken (gefühlt) ungefiltert zu lesen. Auch mal absoluten Quark, wo ihr Euch ein Grinsen nicht verkneifen könnt, für den Moment aber auch passende Gedanken. Das lässt Sam als Protagonist unglaublich lebendig werden.
Leider liegt hier auch der einzige Minuspunkt des Buches. Denn die Sätze sind öfters länger, mit vielen gedanklichen Unterbrechungen, Einwürfen und haufenweisen Kommas. Mitten im Satz habe ich deswegen immer wieder den Faden verloren oder habe einige Sätze noch einmal lesen müssen. Allerdings gewöhnt man sich nach einigen Seiten daran.

„Du hattest ganz recht, mich sitzenzulassen. Ich weiß nicht, warum ich so zu dir war.“
„Weißt du wohl.“
„Warum denn?“
„Weil die Leute es dir durchgehen lassen, dass du so bist.“ S. 34

Teenagerschwangerschaften ist kein leichtes Thema. Zu diesem gibt es mittlerweile sehr viele Bücher – mal mehr, mal weniger gut. Doch Nick Hornby gibt dem Thema eine 180° Grad Wendung – eine neue Perspektive. Das Buch wird von einem gewissen Flair begleitet, welches ich nicht in Worte fassen kann. Ein anders Beispiel für dieses Flair ist der Film „Juno“ in dem es um die Schülerin Juno geht, das auch schwanger wird. Mal abgesehen von dem kessen Auftreten, was gleich auffällt, hat der Film was ganz eigenes. So hat auch „Slam“ etwas ganz eigenes.

„Ich hatte im Fernsehen eine Geburt gesehen, und es war schrecklich gewesen. Würde Alicia solche Geräusche machen? Konnte ich sie bitten, es nicht zu tun?“ S. 166

Natürlich werdet Ihr, durch das komplette Buch, auch wieder von Hornbys Humor begleitet: trocken, treffsicher & intelligent! Dabei werdet Ihr weniger laut loslachen als einfach nur dick grinsen und denken: genial!

Wer Nick Hornby nicht kennt, sollte ihn durch „Slam“ kennen und lieben lernen!