Rezension

Trauer, Schuld und psychische Erkrankung

Nachruf auf den Mond - Nathan Filer

Nachruf auf den Mond
von Nathan Filer

Bewertet mit 5 Sternen

Der 19jährige Matthew ist psychisch krank, schizophren. Stimmen hört er, die seines 10 Jahre zuvor beim Familienurlaub auf einem Campingplatz verunglückten Bruders Simon. An dessen Tod gibt sich Matt die Schuld. Für ihn ist sein Bruder nicht tot. Schließlich landet er in der geschlossenen Abteilung einer psychiatrischen Anstalt und wird in einer Tagesklinik weiterbehandelt. Regelmäßig erhält er Depotspritzen. Da er schon immer gerne Geschichten verfasst hat, schreibt er nun seine eigene auf.

 

Das Buch behandelt im Wesentlichen zwei Themen, mit denen wir eigentlich nicht so gerne in Berührung kommen wollen: Psychische Erkrankung und Trauer. Von ersterer unmittelbar betroffen, vermittelt uns Matt einen guten Einblick darin, was es bedeutet, „verrückt“ zu werden und zu sein. Sein Leidensweg weckt Verständnis. Zu Lebzeiten seines am Down-Syndrom leidenden älteren Bruders fällt ihm die Rolle des vernünftigen und verantwortlichen Kindes zu. Nach dem Tod des Bruders klammert die Mutter, um nicht noch ein Kind zu verlieren. Matt lebt recht isoliert, exzessiv rauchend und Marihuana konsumierend. Als junger Erwachsener wird er auffällig. Es folgt die Zwangseinweisung in eine geschlossene Einrichtung mit strenger Medikation und üblen Nebenfolgen. Dass das Ganze so authentisch geschildert wird, liegt daran, dass der Autor weiß, wovon er spricht. Er war früher als Krankenpfleger in einer psychiatrischen Klinik tätig. Das Thema Trauer wird anhand von Matts Mutter dargestellt, die an dem Tod ihres älteren Sohnes zerbrochen ist. Matts Erzählstil ist sehr ungewöhnlich. Er geht nicht chronologisch vor und springt in seinen Gedanken hin und her, so dass sich seine Kindheitserinnerungen, seine Erfahrungen in der Psychiatrie und sein Leben nach der Entlassung mit dem Angebundensein an die Tagesklinik munter mischen. So lässt Matt sich während des Schreibens etwa ablenken. Wenn er z.B. dabei ist, ein Ereignis aus seiner Kindheit zu beschreiben, kommt plötzlich eine Sozialarbeiterin herein und liest über seiner Schulter mit. In dem Moment kann er nur noch daran denken. Das passt gut zu einem geistig verwirrten Menschen wie ihm. Ebenfalls passend dazu ist der Text auch formal in gewisser Unordnung. Es sind Zeichnungen, Briefe, Überschriften und Texte in unterschiedlichen Schriftarten eingestreut. Gefallen hat mir, wie Spannung geschaffen wird. Gleich zu Beginn der Geschichte wird angedeutet, dass Simon etwas Schlimmes zugestoßen ist. Um was es sich genau handelt, wird erst gegen Ende preisgegeben.

 

Ich kann das Buch wirklich nur empfehlen.