Rezension

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Trauriges aber positiver Roadtrip

Paradise Garden -

Paradise Garden
von Elena Fischer

Bewertet mit 5 Sternen

„Ich bin eine Raupe im Kokon“

Elena Fischer erzählt in ihrem Debütroman die Geschichte der 14-jährigen Billie, einer naiven, irgendwie altklugen und eigensinnigen Protagonistin. Gleich zu Beginn erfahren wir, dass Billies Mutter gestorben ist, aber da die Autorin in Schleifen rückwärts erzählt tut das der Dramatik absolut keinen Abbruch. Wir erfahren aus Billies Sicht wie sie aufgewachsen ist, in einer kleinen Wohnung in einem Hochhauskomplex, die Mutter Marika versucht mit 2 Jobs ihnen „ein gutes Leben“ zu ermöglichen. Trotzdem ist das Geld immer knapp, Billie hat nicht viele Kleider und am Monatsende gibt es meist nur Nudeln mit Ketchup oder Kartoffelbrei aus der Tüte. Reich macht Billie aber die Fantasie ihrer Mutter, ihre starke Liebe und der Zusammenhalt unter den Nachbarn. 
Über ihre Herkunft erzählt Marika Billie allerdings nichts, sie weiß nicht wer ihr Vater ist und hat auch keinen Kontakt zur Familie ihrer Mutter in Ungarn. Eines Tages steht allerdings die ungarische Großmutter vor der Tür und bringt so einiges ins Rollen und die Vergangenheit an den Tag. Billie sieht plötzlich auch die Fehlbarkeit ihrer Mutter, dennoch möchte sie lieber wieder ihr Mutter-Tochter- Leben zu zweit zurück, bis ein schrecklicher Unfall Billies Mutter das Leben kostet. Völlig verloren macht sie sich auf die Suche nach ihrem Vater und ein verrückt, melancholischer Roadtrip zur Nordsee beginnt.  Ob sie ihn findet, möchte man nicht verraten. Jedenfalls aber entwickelt sich Billie in ihrem Kokon der Trauer und findet die Bedeutung der Herkunft und ihren Platz im Leben und…

Fischer schildert gekonnt aus der Sicht eines Teenagers wie soziale Ungerechtigkeit und Armut heute aussehen - besonders in den Szenen mit Billies Freundin Lea und deren Familie wird die Spalte zwischen Mittel- und Unterschicht deutlich - das alles wird aber nicht mit Zeigefinger erzählt. Gut gefallen haben mir auch Billies literarische Schreibambitionen, die gekonnt durch kurze Notizbucheinträge eingeflochten werden und die Schilderung der  starken innigen Mutter-Tochter-Beziehung. Mit Billie wütend wurde ich aber auch über das Verschweigen von Billies Vater - das verantwortlich war für das große Loch in das sie nach dem Tod der Mutter gefallen ist. Ich empfehle das Buch jedem der über den Verlust eines geliebten Menschen lesen will, jedem der gerne eine besondere coming-of-age-Geschichte lesen möchte und jedem der Geschichten mit gutem Ende liebt.