Rezension

Über die Liebe und deren Verlust

Lichte Tage -

Lichte Tage
von Sarah Winman

Bewertet mit 4 Sternen

„Blumen malen als Zeichen der Freundschaft und des Willkommens. Männer und Jungen sollten fähig zu Schönem sein. Vergesst das nicht, ihr beide.“ (S. 55)

Das ist es, was Dora ihrem Sohn Ellis mit auf den Weg gibt, der im England der sechziger Jahre in einer Oxforder Arbeiterfamilie aufwächst, in der kein Raum für Schönheit und Sensibilität, geschweige denn für Freiheit ist. Ein sicherer Job, das ist es, was in den Augen der Väter zählt. In Ellis Fall heißt das, tagtäglich Beulen in einer Lackiererei glätten. Kein Ort für solche Hirngespinste wie Kunst und Selbstverwirklichung. Aber glücklicherweise gibt es ja noch Michael, seinen Kindheitsfreund, seinen Begleiter auf der Reise nach Südfrankreich, seine Jugendliebe. Eine tiefe Beziehung, die auch dann bestehen bleibt, als Ellis‘ spätere Frau Annie in ihr Leben tritt. Bis zu dem Tod von Michaels Großmutter. Danach packt er seine Koffer und verschwindet in London.

„Lichte Tage“ ist so vieles. Nicht nur ein Roman über die Liebe, sondern auch über nicht gelebte Leben. Ein Roman über die Suche nach Identität in einer Gesellschaft, die keinen Raum für alternative Lebensentwürfe vorsieht. Ein Roman über Familie, über Beziehungen, über Freundschaft, über Verlust, über Trauer. Voller Melancholie, voller Poesie und voller Hoffnung. Kraftvoll, sinnlich und einfühlsam geschrieben. Romantisch und dennoch schnörkellos.

Eine Anmerkung zum Schluss: Die 1897 gegründete Tate Gallery wurde erst im Jahr 2000 in Tate Britain umbenannt. Sollte man der Übersetzerin vielleicht sagen.