Rezension

Überraschend

Gold
von Chris Cleave

Bewertet mit 5 Sternen

ate und Zoe sind leidenschaftliche Sportlerinnen, die sich ein Leben ohne ihre Rennräder nicht vorstellen können. Seit vielen Jahren trainieren die Frauen miteinander und treten in Wettkämpfen immer wieder gegeneinander an. Oft sind es nur Millimeter, die die beiden in der Zielgeraden voneinander trennen.
Trotz dieses Konkurrenzdrucks sind die beiden aber irgendwann Freundinnen geworden, die sich nun gemeinsam auf die olympischen Spiele vorbereiten. Dabei wirken sich die sehr unterschiedlichen Charaktere auch auf die Vorbereitung, die Ziele und die Zeit zwischen den Trainigseinheiten aus.

Diese auf den ersten Blick recht oberflächlich und vielleicht auch langweilige wirkenden Geschichte bekommt alleine schon durch die Erkrankung von Kates Tochter einen ganz anderen Drall und man hat zunächst den Eindruck, dass dieser Aspekt zunächst nur ein dramatischer Beigeschmack sein wird, der irgendwann zum Mittelpunkt der Geschichte avanciert und die eigentliche Story in den Hintergrund drängt. Wer allerdings den Vorgängerroman des Autors gelesen hat, ist schon darauf vorbereitet, dass nur wenige Dinge so sind, wie sie zunächst wirken.

Virtuos erzählt Cleave auf verschiedenen Zeitebenen vom beginn der Freundschaft, von den Konflikten und den Spielchen, mit denen Zoe immer wieder versucht Kate ins Abseits zu drängen. Dabei analysiert er sehr detailliert die Hintergründe der beiden Fahrerinnen und seziert ihr Gefühlsleben. Dabei geht er vorsichtig und langsam vor, was die Spannung nur noch steigert. Aber auch dunkle Geheimnisse, die man als Leser erahnt, für die man aber noch keine eindeutigen Beweise hat, lassen den Leser immer neugieriger werden. Verstärkt wird dies auch durch die wirklich sehr unterschiedlichen Charakterzüge der beiden Protagonistinnen. Eine Feinabstimmung erfolgt durch einen Mann, der sich zunächst nicht zwischen den beiden Frauen entscheiden konnte und sie damit paradoxerweise noch stärker aneinander gebunden hat. Letztendlich spielt natürlich auch die oben genannte Krankheit immer wieder eine Rolle.

Dieses riesige Netzwerk aus literarischen Kunstgriffen und interessanten Aspekten des Handlungsverlaufes wird durch eine klare und frische Sprache zusammengehalten, die verständlich und gleichzeitig nicht zu stupide ist. Cleave kann wunderbar Stimmungen erzeugen und schafft es die Gefühle der beiden Frauen so anschaulich zu beschreiben, dass man für einen Augenblick das Gefühl hat, diese Person zu sein. Ebenso ist es ihm gelungen den Sport als Aufhänger zu nehmen, ihn aber nicht so stark in den Mittelpunkt zu stellen, dass Leser, die sich nicht sonderlich für den Radsport interessieren, nachhaltig zu vergraulen. Wenn es aber um sportliche Ereignisse geht, sind seine Erläuterungen wiederum so genial, dass man das Gefühl hat den Wind zu spüren und die schreienden Massen zu hören.

Fazit: Ein tolles Buch, das mich sehr überrascht hat, weil es viel fesselnder ist als ich es erwartet habe. Zudem setzten sich einige Dinge richtig im Herzen fest