Rezension

Viel Spannung und eine gewaltige Portion Irrsinn

Interview mit einem Mörder - Bernhard Aichner

Interview mit einem Mörder
von Bernhard Aichner

Bewertet mit 4 Sternen

Das ohnehin nicht ganz so beschauliche Leben des Totengräbers Max Broll wird jäh vollends aus der Bahn geworfen, als sein bester Freund einem Attentat zum Opfer fällt. Er lebt, fällt aber ins Koma. Besserung ungewiss. Nur Max hat den Attentäter gesehen. Blöd nur, dass ihm so gar keiner glauben will. Also macht Max sich selbst auf die Jagd - und ein perfides Katz und Maus Spiel beginnt.

Wenn man einen Krimi von Aichner aufschlägt muss man vorher eigentlich gar nicht wissen, wer das Buch geschrieben hat. Der Autor hat einen ganz und gar unverkennbaren Stil - der Schreibstil ist unverkennbar (immer wieder kurz gewöhnungsbedürftig, aber wenn man drin ist absolut fantastisch) und dann ist da ja noch diese seltsame Affinität zu allem, was mit Beerdigungen zu tun hat.
Dieses mal ist unser Protagonist also ein Totengräber. Für mich war es der erste Roman rund um Max Broll, was aber kein Problem war. Man lebt sich schnell ein, Max macht es dem Leser aber auch irgendwie leicht. Er und sein Umfeld sind schon irgendwie ein sympathisch abstruser Haufen, Broll und sein bester Freund ein eingespieltes Team und der kiffende Pfarrer rundet die ganze Sache perfekt ab. 

Auch der Antagonist hat glatte hundert Punkte verdient. Komplett aus dem Schema "Mörder bringt immer wieder die eigene Mutter um, die damals als Kind nicht ganz so nett war" lässt er jegliches Motiv vermissen. Ein Psychopath wie er im Buche steht. Morden um des Mordens willen. Wer Erklärungen für sein Handeln sucht ist hier definitiv an der falschen Stelle - denn die kann er genau so wenig geben wie andere Menschen für etwas seltsame Hobbys. Spannung gibt es dafür umso mehr. Denn ob die ganze Sache gut ausgeht ist alles andere als unsicher. Und das bis ganz zum Schluss.

Mein einziges Manko war eine Liebesbeziehung zwischen Max und Anna. Die hat er auf seiner Jagd irgendwann zufällig kennen gelernt. Anfangs will die zwar so gar nichts von ihm wissen, nachdem Max aber bereits nach gefühlten 7 Sekunden sicher ist, dass er sein Leben mit ihr verbringen möchte, kann die natürlich auch nicht lange nein sagen. Mir ging das ganze einfach zu schnell. Kein geistig gesunder Mensch verliebt sich innerhalb eines Blickes und ist dann der festen Überzeugung, dass man mit der betreffenden Person alt werden könnte. Aber andererseits zweifelt man an Max' psychischer Stabilität sowieso an der einen oder anderen Stelle. Die Gespräche, die er (natürlich nur in seinem Kopf) mit seinem Koma - Kumpel führt sind wohl auch nicht ganz normal..

Ich jammere mit meinen vier Sternen auf wirklich hohem Niveau, das sei hier zum Schluss noch erwähnt. Der Krimi ist toll, er ist anders, er ist logisch, bis zum Ende durchkonstruiert und psychologisch dicht. Das Lesen macht Spaß und eigentlich hat Aichner (mal wieder) fast alles richtig gemacht.