Rezension

Vom langsamen Unterwegssein in der Natur und vom genaueren Hinsehen

Fräulein Draußen - Kathrin Heckmann

Fräulein Draußen
von Kathrin Heckmann

Bewertet mit 3 Sternen

Als ich auf dieses Buch stieß, kannte ich Kathrin Heckmann alias Fräulein Draußen noch gar nicht, freute mich aber darüber, dass ich laut Klappentext nun die Möglichkeit hatte Deutschlands bekannteste wandernde Bloggerin zu entdecken. Ihre Leidenschaft fürs Draußensein wurde eines Tages so groß, dass sie ihren Job als Marketing-Managerin aufgab und beschloss, das Wandern und Reisen zu ihrem Beruf und Alltag zu machen. Ich lese gern von Menschen, die ihre Berufung finden und sich trauen, neue Wege zu gehen um zu ihrem ganz eigenen glücklicheren Leben zu finden. Oft springt bei solchen Büchern die Leidenschaft und Lebensfreude dieser Menschen auf mich über und inspiriert mich zwar nicht unbedingt dazu, es diesen oftmals modernen Abenteurern in gleicher Weise nachzutun, aber ich ziehe daraus Energie und Lebensmut, der mich zu eigenen Aktivitäten anstachelt oder auch einfach zu einer Rückbesinnung auf das Wesentliche veranlasst. „Fräulein Draußen“ ist eher ein Buch für Letzteres.

Kathrin Heckmann erzählt von ihrem Weg in die Wanderschuhe und damit nicht nur zu sich selbst, sondern vor allem auch zur Natur. Sie erzählt Geschichten von ihren Fernwanderungen in vielen unterschiedlichen Ländern, aber auch davon, wie ihr Interesse für die heimische deutsche Vogelwelt bei einer Wanderung erwacht ist. Sie berichtet von der Faszination des Wanderns, des langsamen Unterwegsseins in der Natur und davon, was passiert, wenn man beginnt, genauer hinzusehen. Hauptdarstellerin in diesem Buch ist die Natur selbst, für die die Autorin Beschreibungen für ihre Wahrnehmung findet und um sachliche Hintergrundinformationen ergänzt. Es sind die leisen Töne, die die Autorin hier anschlägt und obwohl ich selbst die Natur sehr liebe, langweilen mich die Beschreibungen schon nach kurzer Zeit, weil sie beliebig sind und ich zu „Fräulein Draußen“ keinen Zugang finde. Sie schildert zwar in Worten ihre Begeisterung, schreibt davon, dass es Herausforderungen und Hindernisse auf ihren Reisen gab, aber ich kann das beim Lesen nicht spüren. Vielmehr spüre ich, dass es da sicherlich das ein oder andere gab, aber das blendet die Autorin aus und lässt mich als Leserin etwas unbefriedigt zurück. Denn eigentlich möchte ich erfahren, wie Kathrin Heckmann als Fräulein Draußen vielleicht auch mal zweifelt und Probleme löst, damit ich beim Lesen mit ihr wachsen kann. Aber zu oft geht es um das große Ganze, für das pauschale Formulierungen gefunden werden, anstatt ein wenig mehr in Details zu gehen oder Beispiele zu zeigen. Gelegentlich lässt sie den Leser dann jedoch etwas näher an sich herankommen, was diese Texte etwas auflockert.

„In meiner eigenen kleinen Welt fühlte ich mich aufgenommen in die Riege der Abenteurer und Entdecker, der Draußenschläfer und Wegloswanderer. Und dafür hatte es nichts weiter gebraucht als ein Zelt und einen kleinen Hügel irgendwo im Nirgendwo der schottischen Highlands, zusammen mit ein bisschen Mut und mehr noch dem Willen, einen Herzenswunsch in die Tat umzusetzen, auch wenn ich auf dem Weg dorthin den Grund für diesen Wunsch manchmal vergessen hatte.“ (S. 36)

Dann möchte man selbst aufbrechen und auf der Stelle hinaus in die Welt um die Natur zu entdecken. Darauf macht auch der Bildteil und die am Ende des Buches befindlichen Beschreibungen einiger Langstreckenwanderungen inklusive Tipps richtig Lust. Die Informationen sind lebendig und interessant geschrieben. Neben dem Epilog gefällt mir dieser Teil tatsächlich am besten. Hier wird die Begeisterung und Leidenschaft deutlich, mit der sie in die Natur zieht und sich Gedanken über die Welt macht.

„[…]das ich gern noch viel öfter tun würde, das wir vielleicht alle viel öfter tun sollten, zumindest ab und zu: dorthin gehen, wo unser Herz uns hinführt. Dorthin, wo wir einfach nur sein wollen, egal wie viel oder wie wenig Sinn das auch ergeben mag. Nicht fürs Fotoalbum, nicht für Instagram, nicht um anderen davon zu erzählen. Sondern für uns selbst.“ (S. 143)

Gute Idee! Ich muss los – wohin verrate ich nicht…

Kommentare

wandagreen kommentierte am 08. Juli 2020 um 19:04

Stimmt. Das Erzählte ähnelt zu oft einem Naturlehrbuch und wird selten persönlich.