Rezension

Weihnachten im Hause Leclerc

Eiskalte Provence - Pierre Lagrange

Eiskalte Provence
von Pierre Lagrange

Bewertet mit 4.5 Sternen

Es geht auf Weihnachten zu und Albin Leclerc muss mit Erschrecken festellen, dass seine Lebensgefährtin Véronique ein großes Familienfest plant, was ihm gehörig gegen den Strich geht, Zudem hat sein Hausarzt eine Zyste an seiner Niere entdeckt, und so hat Leclerc quasi schon den Tod vor Augen...
Als eine Frauenleiche in einer "Borie", einer Steinhütte gefunden wird, stürzt sich der pensionierte Ermittler als Berater der Polizei in Ermittlungen, die ihn zu einer obskuren Sekte, die ´sich offenbar nicht nur um ihr eigenes Seelenheil kümmert....

Mit "Eiskalte Provence" legt Pierre Lagrange (ein bekannter Deutscher Autor, der hier unter seinem Pseudonym versteckt ist) nun schon den sechsten Fall seines kauzigen, doch höchst liebenswerten Ermittlers Albin Leclerc vor. Leclerc ist inzwischen pensioniert, was ihn jedoch nicht davon abhält, seinen Kollegen weiter unterstützend bis nervend zur Seite zu stehen. Dabei entwickelt der Autor auch die Geschichte um seine Figuren um Leclerc immer weiter fort, so dass der Leser auch in diesem Buch wieder auf vertraute und geliebte Personen stößt. Es lässt sich auch für Neuleser problemlos erst jetzt in die Reihe einsteigen, allerdings stehen einige Elemente dann ein wenig im leeren Raum, was sich aber problemlos verschmerzen lässt.

Eine besondere QUalität sind bei Pierre Lagrange die liebevoll ausgearbeiteten Protagonisten; insbesondere die Kernfigur Leclerc ist ein höchst interessanter, mehrdimensionaler Ermittler, der seinen Lesern inzwischen ans Herz gewachsen ist. Dabei ist es natürlich klar, dass neben dem eigentlichen Krimi auch immer private Geschichten von Bedeutung sind. Diesmal ist es vor allem die Auseinandersetzung mit einer vielleicht tödlichen Krankheit und der Umgang damit, vor allem aber der Kult um Weihnachten. Auf humorvolle Weise wird geschildert, wie sich Leclerc  den Anforderungen seiner Partnerin, sie bei der Vorbereitung eines fulminanten Weihnachtsfestes zu unterstützen, widersetzt und zwingt so den Leser auch zum Nachdenken über dieses Fest. Selten habe ich so viel schmunzeln bis lauthals lachen müssen in einem Krimi!

Und natürlich findet sich auch eine ordentliche Portion Provence-Atmosphäre in diesem Krimi, der Fernweh weckt und schöne Gedanken an Südfrankreich aufkommen lässt. Allerdings spielt der Krimi nicht während der touristischen heißen Sommermonate, sondern im kalten und recht verlassenen Winter, was in meinen Augen eine angenehme Abwechslung zum normalen Trott darstellt.

Doch auch das Wichtigste, der Krimi, kommt nicht zu kurz. Von Beginn an besteht Spannung mit der Schilderung des Mordes über eine recht frühe Präsentation des Täters, der jedoch überraschender Weise gar nicht die Lösung des Falls ist,  bis hin zum großen Showdown am Ende des Buches, das cineastische Züge hat. Während anfangs der Schwerpunkt noch mehr im Privaten liegt, nimmt die Ermittlungstätigkeit und die Spannung eine immer größere Rolle ein.

Spannend ist für mich das Thema der "Banater", der Menschen, die massenhaft aus Rumänien nach Frankreich eingewandert sind- wieder etwas gelernt! -  und berührend und nachdenklich machend die religiösen Fanatiker, hier in einer kleinen unscheinbaren Sekte, die so eine große Gefahr ausüben können.

Mir hat dieser eher ungewöhnliche Krimi sehr viel Spaß gemacht und ich empfehle ihn sehr gerne weiter. Allerdings werden Hardcore-Krimi-Leser vielleicht ein wenig Schwierigkeiten mit den Nebenschauplätzen haben, wenngleich der sympathische Leclerc auch nicht in den Einheitsbrei der rauchenden, trinkenden und a-sozialen klassischen Ermittler passt.
Ich freue mich jedenfalls schon auf den siebten Fall von Commissaire Leclerc in der Provence!