Rezension

Wenig Inhalt auf vielen Seiten

Rat der Neun - Gegen das Schicksal - Veronica Roth

Rat der Neun - Gegen das Schicksal
von Veronica Roth

Bewertet mit 3 Sternen

Der erste Band von „Der Rat der Neun“ ist im Januar 2018 auf den deutschen Buchmarkt gekommen und es gab einige Vorwürfe wegen Rassismus. Ich habe das Buch ganz unabhängig von dieser Diskussion gelesen, weil ich vor allem interessiert war, was Veronica Roth abseits von „Die Bestimmung“ noch schreiben kann. Ist sie eine Eintagsfliege oder eine tolle Erzählerin? Ich konnte inhaltlich von dem ersten Band überzeugt werden, auch wenn mir die Komplexität des Ganzen schon dort aufgefallen ist. Das Ganze ist sogar so komplex, dass ich weit über ein Jahr später doch arge Probleme hatte, mich wieder in die Welt und die Figuren einzudenken. Ich habe mindestens ein Viertel des Buchs immer wieder mit mir gehadert, ob ich die Lektüre wohl abbreche, weil ich nicht so recht reinfinden wollte, aber irgendwann konnte es doch noch Klick machen.

Ich denke, dass ich mich aber nicht nur wegen der Komplexität sehr schwergetan habe, sondern auch, weil auf den über 500 Seiten im Verhältnis wirklich wenig passiert. Natürlich kann ich mich nicht mehr an alle Details aus dem ersten Band erinnern, aber dort ist wirklich wesentlich mehr passiert als in diesem zweiten Band. Selbst entscheidende Handlungen wurden nur von Hörensagen wiedergegeben und dafür, dass sich das Planetensystem im Krieg befindet, werden wir nicht einmal Zeuge einer Kriegshandlung. Hinzu kommt, dass dieser Band bereits den Abschluss bildet, da es sich nur um eine Dilogie handelt. Dafür wurde die ganze Welt zu sehr aufgebauscht, so dass es enttäuschend ist, dass die Geschichte so unspektakulär endet.

Dieser Band lebt viel von inneren Dialogen und das aus gleich dreifacher Sicht: Cyra, Akos und Cisi. Alle haben spannende Perspektiven, keine Frage, weil sie charakterlich auch so unterschiedlich sind, aber es war doch auf Dauer etwas ermüdend, dass aus keiner Richtung so richtig was passieren wollte. Stattdessen sind wir Zeugen von sehr ausführlichen inneren Konflikten geworden. Eigentlich finde ich solche inneren Reisen zur Selbsterkenntnis immer sehr spannend und sie sind auch hier durchaus gelungen, aber dieses Buch ist einfach von der Grundthematik nicht für diesen Schwerpunkt gedacht. Da es aber so gekommen ist, ist der zweite Band überwiegend vergeudetes Potenzial.

Auch wenn diese Abschnitte bisher viel Gemecker enthalten, hat das letzte Viertel durchaus noch einmal gut das Tempo angezogen und gerade Akos und Cyra haben beide noch ihre großen Momente erhalten, die von Anfang an für sie vorgesehen waren. In der Gesamtsicht der Dilogie ist das aber einfach zu wenig. Das Ende ist zwar durchaus sauber, aber alleine durch das letzte Kapitel bekommt man noch mal vorgeführt, dass es noch genug gegeben hätte, um weiterzuerzählen. So überlässt Roth die Geschichte nun unserer Fantasie.

Fazit: Der zweite Band von „Die Rat der Neun“ kann mit dem Vorgängerband leider nicht mithalten, weil es zu viel um Charakterentwicklung ging, während die Action auf der Strecke blieb. Insgesamt entsteht so der Eindruck, dass die aufgebaute Welt selbst für die Autorin zu viel wurde, da sie das Potenzial schlicht nicht ausgenutzt hat.