Rezension

Wieder eine mitreißende Geschichte des Erzählmeisters

Das Fundament der Ewigkeit
von Ken Follett

Bewertet mit 5 Sternen

„Das Fundament der Ewigkeit“ bildet den dritten Teil in Ken Folletts Kingsbridge-Reihe. „Die Säulen der Erde“ spielt rund 400 Jahre zuvor, „Die Tore der Welt“ rund 200. Die beiden vorherigen Bände sind daher absolut irrelevant, um dieses Buch lesen und genießen zu können. Es werden zwar Personen erwähnt, die vor hunderten von Jahren dort lebten, aber darüber hinaus besteht keine Gemeinsamkeit - außer einer der Handlungsorte.

 

Die Handlung beginnt im Jahre 1558 in England und erzählt dessen Geschichte auf circa 1200 Seiten bis zum Jahr 1620. Protagonist ist Ned Willard, der durch einige Schicksalsschläge in die Dienste von Prinzessin Elizabeth Tudor tritt. Auf Jahrzehnte begleitet er die spätere Königin durch die umstürzlerischen Religionskriege in Europa als Spion in ihrem Geheimdienst.

 

Wie keinem anderen Autor gelingt es Follett mal wieder verschiedenste Personen mit authentischen Motiven und Geschichten zu entwerfen und diese auf dem Spielbrett der Weltpolitik zusammenzuführen. Während ich mich zu Beginn noch ab und zu fragte, warum ich jetzt von einer scheinbar uninteressanten Person lesen musste, wurde es kurze Zeit später offensichtlich, fast schon zwingend, wie wichtig sie doch war. Besonders interessant dabei ist, dass es nicht immer Adlige oder hochrangige Kleriker sein müssen. Nein, auch die Tochter eines Druckers kann ungeahnt großen Einfluss auf die Geschicke der Politik haben. Das gefällt mir besonders gut, denn mit diesem kleinen Rädchen im großen Getriebe, kann sich der Leser einfacher identifizieren, als mit einem Grafen, Diplomaten oder Bischof. Doch auch diese waren stets lebendig gezeichnet und man konnte mit ihnen mitfühlen, bangen oder sie hassen. Trotz der Vielzahl an Personen hatte ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, nicht zu wissen, um wen es gerade geht.

 

Wenn man Ken Follett eines definitiv nicht vorwerfen kann, dann ist es mangelnde Recherche. Nicht umsonst vergehen Jahre zwischen dem Erscheinen seiner Werke. Auch hier merkt man auf jeder Seite, wie intensiv er sich mit der Materie auseinander gesetzt hat. Gepaart mit seinem lebendigen Erzählstil lernt der Leser so auf unterhaltsame Weise etwas über Englands und Europas Geschichte. Jedes Mal habe ich mich gefreut, wenn bekannte historische Personen die Bühne betreten haben, seien es Francis Drake, Robert Cecil oder Guy Fawkes.

 

Das Buch wird in fünf Teile unterteilt, zwischen denen immer viele Jahre bis Jahrzehnte vergehen. Dieses Mittel ist gut geeignet, um die Erzählung an den richtigen Punkten zu straffen, wenn historisch nicht allzu viel Interessantes passiert ist. Es verbleiben trotzdem eine Menge erzählenswerter Ereignisse und trotz der Straffung gab es eine Stelle, die ich ermüdend fand: Die Seeschlacht gegen die spanische Armada. Follett beschrieb die Schiffe, die Mannöver, den Seegang und den Wind viel zu detailverliebt, sodass ich hier gerne vorwärts geblättert hätte. Dies ist allerdings mein einziger Kritikpunkt und ich halte es für eine erstaunliche Leistung, dass ich in so einem umfangreichen Buch nur an einer Stelle die Aufmerksamkeit verlor.

 

Jeder Teil beginnt mit einem ganzseitigen Bild, das Aufschluss über den Inhalt des kommenden Abschnitts gibt. Hier ist vor allem der Stil sehr gut gewählt. Die Szenen wirken wie (gedruckte) Holzschnitte – passend zur damaligen Zeit und eine Darstellungsart, die man zudem häufig in Geschichtsbüchern als zeitgenössische Eindrücke findet.

Im Einband finden sich zudem liebevoll gezeichnete Karten von Kingsbridge und Westeuropa. Die Ausstattung wird ergänzt durch ein allgemeines Personenverzeichnis zu Beginn und ein Verzeichnis der historischen Persönlichkeiten am Ende des Buches. Gewünscht hätte ich mir hier außerdem noch Anmerkungen zur historischen Korrektheit, darüber hinaus hat mir aber keine Ausstattung gefehlt. Ein Glossar war überflüssig, da die wenigen ungewöhnlichen Worte immer im Text erklärt wurden. Überraschenderweise wirkte dies keines falls störend. Dies führe ich vor allem auf die Feinheit zurück, dass es nicht in der wörtlichen Rede erklärt wurde. Warum sollten sich zwei Personen im 16. Jahrhundert auch gegenseitig Begriffe erklären, die für sie alltäglich sind? Follett hat dies stattdessen durch die Erzählstimme vornehmen lassen: Eine ganz kleine Finesse mit großer Wirkung.

 

„Fundament der Ewigkeit“ ist direkt bei Erscheinen in meinen Besitz gewandert. Dennoch habe ich mehr als 1,5 Jahre gebraucht, um es zu lesen. Warum? Wie oben bereits erläutert, vergehen Jahre zwischen Folletts Büchern. Nun hatte ich schon wieder drei Jahre gewartet seit „Kinder der Freiheit“ und wusste, wenn ich es jetzt lese, würde wieder sehnsüchtig warten. Es erschien mir plausibler, die Wartezeit jetzt zu verlängern und dafür die folgende zu verkürzen. Unlogisch? Vielleicht. Natürlich stiegen mit der Zeit auch meine Erwartungen immer weiter und ich schob es aus einem neuen Grund vor mir her: Angst vor Enttäuschung. Doch diese war unbegründet.

„Fundament der Ewigkeit“ ist mal wieder eine mitreißende Erzählung von seinem Meister seines Fachs. Der geschichtliche Hintergrund ist spannend gewählt und die Personen authentisch herausgearbeitet. Für eine einzige zähe Stelle auf so vielen Seiten empfinde ich es nicht als angebracht, einen ganzen Stern abzuziehen.

Somit komme ich zusammenfassend zu 5 von 5 Sternen. Ken Follett ist und bleibt ein hervorragender Autor und ich kämpfe erneut gegen eine lange, lange Wartezeit.

 

PS: Es sollte keinen Einfluss in meine Bewertung finden, aber ich möchte es nicht unerwähnt lassen: Ein Preis von 36,00€ für ein gebundenes Buch hat damals nicht nur bei mir einen Aufschrei ausgelöst. Ich wollte es boykottieren und auf das Taschenbuch warten, wurde dann aber unerwartet mit dem gebundenen Exemplar beschenkt. Wenn Bastei Lübbe diese Preispolitik fortsetzt, wird sich meine Wartezeit demnächst wohl jedes Mal noch um 1,5 Jahre erhöhen – bis zum Taschenbuch.