Rezension

Willkommen bei K-Pop

When We Dream - Anne Pätzold

When We Dream
von Anne Pätzold

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ich muss ehrlich eingestehen, dass ich bei dem Klappentext zu „When We Dream“ etwas ungläubig geschaut habe. K-Pop ist mir natürlich ein Begriff, da ich nicht völlig abseits des Mainstreams lebe, aber es ist überhaupt nicht meine Musikrichtung und die Kultur, die mich interessiert. Andererseits sucht man bei New Adult immer wieder nach neuen Impulsen, nach neuen Trends etc. Was wäre da besser als K-Pop und eine Welt, die mir völlig fremd ist? Daher habe ich zu dem Debüt von Anne Pätzold gerne gegriffen und es nicht eine Sekunde bereut.

Was ich zunächst mit wahren Begeisterungsstürmen loswerden möchte, ist der wunderbare Schreibstil. Ich kann es gar nicht richtig in Worte fassen, da Pätzold deutsch schreibt wie so viele andere Autoren aus unserem Heimatland auch, aber ich habe mich speziell von ihrer Wortwahl, ihrer Rhythmik und ihrer Mischung aus Dialog und tiefgehenden Gedanken wie auf Wolken getragen gefühlt. Es war wie in einem Schwebezustand, dass sich jedes Wort richtig platziert anfühlte, wie aus einem Guss eben. So ein Gefühl habe ich wirklich selten und dann auch noch bei einem Debüt, das ist schon sehr bemerkenswert.

Was mir dagegen etwas Sorgenfalten auf die Stirn getrieben hat, ist die Tatsache, dass aus der Liebesgeschichte von Ella und Jae-yong ein Dreiteiler gemacht wird. Schon Mona Kasten hatte eine solche Geschichte vor zwei Jahren in drei Bänden verpackt. Die Bücher waren zwar nicht für die Tonne, weil sie auch eine Autorin ist, die immer erzählen kann, aber dennoch ist wohl nahezu jeder am Ende zum Fazit gekommen, dass es höchstens zwei Bände auch getan hätten. Sie hat die vielen Seiten mit Nebengeschichten gefüllt, die fast so viel Platz wie die eigentliche Hauptgeschichte bekommen haben, hier bei Pätzold wiederum wirkt die Geschichte wie ein Tagebuch, da man in nahezu alle Momente aus Ellas Leben mitgenommen wird. Es gibt immer wieder kleine Höhepunkte und eben diesen Schreibstil, die den Leser vorantreiben, aber dennoch lässt sich auch hier ablesen, dass es drei Bände wahrscheinlich nicht sein muss. Dennoch fände ich es fatal aufgrund dieser Tatsache Band 1 direkt zu verurteilen, denn neben dem tollen Schreibstil gab es auch noch andere positive Aspekte.

Zum einen ist es extrem hilfreich, dass Hauptfigur Ella in der Welt von K-Pop ebenfalls ein Neuling ist. Mit ihr entdeckt man diese Welt, die nicht nur in goldenen Farben gezeichnet wird, sondern mit all ihren Stärken und Schwächen abgebildet ist. Mit Jae-yong hat man zudem einen Gegenpart gefunden, der herzallerliebst ist. Er ist einfach von Grund auf gut, hier muss man als Leser nichts hinterfragen, aber es wird schnell klar, dass er Teil einer Welt mit extrem vielen Regeln ist, die beflügeln, aber einsperren gleichermaßen kann. Auch wenn wir in seinen Kopf nicht gucken dürfen, ist durch seine Worte und seine Taten sehr viel von ihm ein offenes Buch und dieses Gegenwicht zu Ella ist sehr gut gelungen. Zudem hat man für den Keil, der für die Dramatik zwischen sie getrieben wird, ein starkes Argument. Es wirkt nicht absurd am Ende, wenn das Happy End nicht sofort auf dem Serviertablett geliefert wird. Die Welt des K-Pops ist bis zum bitteren Ende durchgestrickt, nicht flexibel und das bringt Herausforderungen mit sich, die der Kultur geschuldet ist, nicht aber den dramatischen Launen einer Autorin. Daher bin ich sehr gespannt, wie es hier weitergehen wird.

Ansonsten möchte ich auch noch hervorheben, dass hier eine höchst authentische Liebesgeschichte erzählt wird. Auch wenn die Ausgangssituation durchaus klischeehaft ist, ist es die Umsetzung überhaupt nicht. Hier wird ein langsames Kennenlernen erzählt, das zu keinem Zeitpunkt überhastet wird. Es geht nicht nur um körperliche Anziehung, es geht von Anfang an um mehr und zu keinem Zeitpunkt wird von Liebe gesprochen, wo es auch noch keine sein kann. Das macht mir das Buch ebenfalls extrem sympathisch.

Fazit: „When We Dream“ ist für mich eine wirkliche Überraschung im New Adult-Genre. Auf die nahezu beste Art und Weise wurde ich in die Welt des K-Pops eingeführt, ohne dass diese aber nur positiv dargestellt wurde, sondern einfach realistisch. Zudem ist auch die Liebesgeschichte so sanft, so zart, dass sie einen tief innen drin trifft. Einzig die Tatsache, dass diese Idee zu einem Dreiteiler ausgebaut werden muss, hinterfrage ich kritisch, denn es gibt definitiv Längen. Aber für was noch kommt, will ich diesen zufriedenstellenden Auftakt nicht verurteilen.