Rezension

Wird Evi die Vergangenheit ändern? Spannende Zeitreise in einem englischen Herrenhaus

Mitternacht in Charlbury House -

Mitternacht in Charlbury House
von Helen Peters

Bewertet mit 4 Sternen

Während Evis Mutter mit ihrem neuen Ehemann ihre Flitterwochen in Venedig verbringt, soll Evi bei ihrer unbekannten Patentante Anna in deren angestaubtem Herrenhaus auf dem Land wohnen. Sehr willkommen fühlt sich das Mädchen dort nicht: „So also wird mein Leben in den kommenden Tagen aussehen, dachte ich. Ich werde hier inmitten der Stille herumsitzen und altbackendes Brot essen, mit einem Totenschädel als einzige Gesellschaft.“
Aber dann kommt alles doch ganz anders, als Evi erwartet. Eines Nachts wacht sie auf und befindet sich plötzlich im Jahr 1814 und arbeitet als Dienstmädchen im Haus. Evi spürt schon bald, dass ihre Reise in die Vergangenheit mit einem Auftrag verbunden ist. Sie muss die Vergangenheit ändern, um in die Zukunft zurückkehren zu können.....

 

Helen Peters schreibt flüssig, lebendig und oft amüsant in Ich-Form aus Evis Sicht. Der Text ist für ausdauernde Leserinnen ab zehn Jahren geeignet und gut verständlich formuliert.
Am Anfang jeden Kapitels finden sich kleine Bilder von einer Uhr oder Grabsteinen. Das Buch ist in drei Teile gegliedert. Jeder Teil wird mit der gleichen Zeichnung eines historischen Hauses eingeleitet. Die sich wiederholenden Illustrationen stimmen gut auf die Atmosphäre der Geschichte ein. 

 

In Evi, die sich plötzlich im Jahr 1814 wiederfindet, können sich die Leserinnen sicher problemlos hineinversetzen. Sie selbst wären in der Vergangenheit wahrscheinlich ebenso aufgeschmissen wie Evi und fiebern daher vermutlich rasch mit dem Mädchen mit. Evi wirkt nett und sympathisch, lernt schnell, passt sich leicht an und hat ziemlich gute Ideen. Zum Glück hat sie das patente, freundliche Dienstmädchen Polly an ihrer Seite, das ihr stets selbstlos hilft und sie in jeder Situation unterstützt. Nicht alle Figuren aus der Vergangenheit möchte man jedoch gerne persönlich kennenlernen. Im Haus wohnen einige fiese Gestalten, die Evi und ihrer Herrin Sophia das Leben schwer machen. Dass die Charaktere zu unterschiedlichen Zeiten leben und ganz verschiedene Voraussetzungen haben, macht die Personenkonstellation sehr faszinierend. Da treffen oft Welten aufeinander.

Was für eine seltsame, Furcht einflößende Vorstellung, plötzlich in der weit entfernten Vergangenheit aufzuwachen. Wird Evi am Ende, ihre komplizierte Mission erfolgreich erfüllen?  
Ganz schön aufregend, was sie im Jahr 1814 alles erlebt. „Mitternacht in Charlbury Haus“ zeigt die damaligen Zustände sehr anschaulich. Hier erfahren die Leser einiges über das Leben in einem Herrenhaus 1814, was sie sicherlich noch nicht wussten. Und das wird überhaupt nicht trocken, sondern sehr spannend und interessant in die Geschichte eingebunden vermittelt. Mir war nicht bewusst, dass die Fortschritte der Zukunft wie z.B. Wasserleitungen mit fließend warmen Wasser auf Leute damals ähnlich unwahrscheinlich gewirkt haben müssen wie „fliegende Schweine“. So empfindet das zumindest Polly. Und Evi begreift, dass ihr normales heutiges Leben mit Schule im Vergleich zu 1814 geradezu „paradiesisch“ ist.
Evi fühlt sich zwischendurch ganz schön verwirrt. Was ist Wirklichkeit und was Traum? Und die Frage, ob man die Vergangenheit ändern kann, treibt nicht nur Evi, sondern auch die Leserinnen zwangsläufig um und bringt ins Grübeln.
Eine aufregende, mitunter etwas rätselhafte Zeitreise, die auf unterhaltsame und interessante Weise auch gesellschaftliche Entwicklungen thematisiert. Mir hat das Buch gut gefallen.