Rezension

Wirrer Thriller voller Verrückter

Der Architekt - Jonas Winner

Der Architekt
von Jonas Winner

Bewertet mit 2 Sternen

"Der Architekt" von Jonas Winner versprach - sowohl optisch als auch inhaltlich - ein guter Psychothriller zu werden. Leider konnte er diese Erwartungen nicht halten.

Zuerst ein paar Worte zum Inhalt: Der mäßig erfolgreiche Drehbuchautor Ben wittert seine Chance auf seinen ersten, großen Roman. Er will über den Berliner Architekten Julian Götz berichten, der wegen Mordes an seiner Frau und seinen beiden Töchtern vor Gericht steht. Obwohl es keine aussagekräftigen Beweise gegen den Familienvater gibt, wird er beschuldigt, die drei Opfer nachts brutal erschlagen zu haben. Ben ist von dem Fall fasziniert und glaubt fest an Götz' Unschuld. Doch mit der Zeit kommen ihm Zweifel, denn den Mann und seine gesamte Familie umgeben Geheimnisse, in die Ben plötzlich mit hineingezogen wird...

Wie am Titel bereits zu erahnen, spielt die Architektur eine große Rolle in diesem Roman, der ein Psychothriller sein will, aber keiner ist. Die Grundidee hat dazu zwar das Potential und ist an sich ebenso wie die ersten Kapitel sehr viel versprechend, durch den Erzählstil des Autors konnte dieses Potential allerdings zu keinem Zeitpunkt wirklich entfalten. Problematisch war dabei zum einen schon der Schreibstil, der oft, sowohl in den erzählenden Passagen als auch in den Dialogen, hölzern wirkte, und zum anderen der Aufbau des Romans, der mehr als verwirrend war, sodass eine greifbare, vom Nervenkitzel geprägte Atmosphäre, wie sie für einen Thriller nötig ist, bei mir nicht aufkommen wollte.

Der Roman besteht im Wesentlichen aus zwei Erzählsträngen. Der Leser begleitet Ben bei seinen Recherchen zum Mordfall Götz und eine junge Frau namens Mia, die sich in rätselhafte Gesellschaft begibt. Leider dauert es sehr lange bis eine Verbindung zwischen diesen beiden Geschichten auch nur annähernd zu erahnen ist. Zudem sind beide Handlungen geprägt durch wirre, zusammenhangslos erscheinende Andeutungen, zweifelhafte Gedankengänge der Protagonisten und nicht nachzuvollziehende Entwicklungen bei den Charakteren selbst und in ihrer Umgebung, sodass ich letztendlich das Gefühl hatte, weder Mia noch Ben auch nur ansatzweise zu verstehen. Die Charaktere waren mir sowohl was die Sympathie als auch was das Verständnis für ihr Handeln angeht vollkommen fern, was dazu führte, dass ich mich nicht in die Geschichte hineinversetzen, sie mir nicht als Realität vorstellen und dadurch auch nicht mit den Protagonisten mitfiebern konnte. Wirklich spannend war es dadurch zu keiner Zeit, ein greifbarer Charakter oder ein roter Faden im Handlungsverlauf fehlten völlig.

Ganz davon abgesehen, dass das "Psycho" vor dem "Thriller" bei diesem Buch höchstens auf den Geisteszustand fast aller Charaktere anzuspielen scheint, war das Ende dann auch noch enttäuschend. Da ich die meiste Zeit des Buches im Dunkeln tappte und mich von einem wahnhaften Zustand der Protagonisten zum nächsten hangelte, hatte ich doch sehr auf eine schlüssige Auflösung des ganzen gehofft. Was aber kam, war genauso wirr und undurchsichtig, wie das gesamte Buch, unrealistisch bis zum Geht-nicht-mehr und entbehrte teilweise leider auch jeder Logik. Zudem wurden einige vorher erwähnte Aspekte von der Auflösung am Ende nicht mit eingeschlossen, sondern kommentarlos fallen gelassen. Insgesamt kann ich das Ende einfach nur als phänomenalen Unfug bezeichnen - so unrealistisch, dass es mir selbst in einem Fantasyroman deplatziert erschiene.

Fazit: Abgesehen von einer guten Grundidee und ein paar überzeugenden ersten Kapiteln war dieser "Thriller" für mich eine glatte Enttäuschung. Spannung kam kaum auf, die Charaktere verhielten sich ohne erkennbaren Grund unlogisch und verrückt und der Schreibstil war oft eher hölzern. Gerade noch zwei Sterne. Keine Leseempfehlung.