Rezension

Wohin der Wind dich weht …. Oder: Des Kaisers neue Kleider.

Aus der Zuckerfabrik - Dorothee Elmiger

Aus der Zuckerfabrik
von Dorothee Elmiger

Bewertet mit 1 Sternen

Wir lesen lange genug und müssen uns ungestraft solche Experimente nicht bieten lassen.

Wie der Rezensionstitel schon andeutet, weht in dem Roman „Aus der Zuckerfabrik“ der Gedankenwind der freien Kunst, der sowohl die Autorin wie auch die Leserschaft mal hierhin mal dorthin treibt. Wohin ist letztlich egal. Es gibt keinen Anfang und kein Ziel.

Die Autorin überlässt es völlig ihren Lesern, die willkürlich aus ihren Gedanken und Erinnerungen oder mithilfe von Literaturzitaten aus der Historie auftretenden und herbeizitierten Geistesgrößen und deren Gedankensplitter, zu ordnen. Was schwierig ist, denn ein Ordnungskonzept ist nicht erkennbar. Weder erkennbar noch vorhanden. Es geht im weitesten Sinne um Lust, um Erinnerungen, um Essstörungen, um Schönheit, um Erfassen der Welt, einfach um alles – und leider auch um nichts. Nach allen Seiten offen - wird löchrig.

Dies nennt man also experimentelle Literatur. Das ist erlaubt. Es ist sicher extreme Kunst, weil extrem künstlich. Aber ist es auch so interessant, dass jemand, nämlich die Leserschaft, derartige Gedenkensprünge nachvollziehen sollte? Äh, nein.

Das muss zwar jeder für sich selber entscheiden. Ich breche diesen Roman jedenfalls nach 85 Seiten Quälerei und einigem Querlesen ab.

Wie kommt „Aus der Zuckerfabrik“ auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises? Diese Juryentscheidung empfinde ich nicht als mutig, sondern als Zumutung und Provokation. So ist es wahrscheinlich auch gemeint.

Wer, aus dieser Jury, hat einen Lustgewinn aus dieser Lektüre gezogen? Bitte aufzeigen! Denn dass der Begriff „Zucker“ ein Synonym für Genuß in jeder Variante, sogar für Lustexzesse sein soll, das versteht man. Mag sein, dass im Buch immanent Gesellschaftskritik enthalten ist. Doch muss man tief graben, um sie zu finden.

Nun kann ein Künstler experimentieren, Verlage können diese Experimente veröffentlichen, Kunstexperten können darüber diskutieren und sich daran ergötzen und diese Art Romane feiern.

Aber eines dürfte schwierig werden, trotz aller Wertschätzung von Experten: diesen Roman zu verkaufen. Denn mir erscheinen solche Experimente wie des Königs neue Kleider, da ist nix dahinter. Der König ist nackt

Fazit: „Aus der Zuckerfabrik“ ist am besten auf einer Lesung aufgehoben.

Kategorie: Experimentelle Literatur
Verlag. Hanser 2020

Shortlist des Deutschen Buchpreises 2020

Kommentare

lesesafari kommentierte am 18. November 2020 um 18:58

:D Ich fand die Leseprobe dazu ja voll daneben und musste gerade erstmal lachen, dass du dem Buch nur einen Stern gegeben hast.
Jetzt muss ich erstmal lesen.

Abgebrochen!!

Klingt wieder so, als hätte ich recht gehabt. Ein Werktagebuch, mit dem, außer dem.Autor selbst, niemand etwas anfangen kann. Da Autorin auch nicht bekannt, wie es z.B. bei Schlegel und Kafka der Fall gewesen ist. Und auch mit deren Tagebüchern kann man wenig anfangen.

Emswashed kommentierte am 18. November 2020 um 20:08

Wahrscheinlich hats keiner gelesen und nur das Titelbild gefiel.