Rezension

Wohlfühlen, wo es weh tut

Die Unschärfe der Welt - Iris Wolff

Die Unschärfe der Welt
von Iris Wolff

Bewertet mit 4.5 Sternen

In „Die Unschärfe der Welt“ erzählt Iris Wolff die Geschichte einer Familie aus dem rumänischen Banat. Dreh- und Angelpunkt ist Samuel, der aber nie selbst zu Wort kommt. Stattdessen lernen wir ihn aus der Perspektive seiner Eltern, der Großutter und Freunden kennen; erst als Kind und Jugendlichen, dann auch als jungen Erwachsenen.

Isis Wolff erzählt ruhig, bildhaft und in teils poetischem Ton vom Leben im Banat. Erst genießt man die Idylle des ländlich gelegenen Pfarrhofs mit seiner üppigen Natur, später schleichen sich immer mehr die negativen Auswirkungen des Ceaușescu-Regimes in den Alltag ein. Dabei sind die Informationen zum Zeitgeschehen ganz nebenbei eingestreut und so dicht verwoben mir der Familiengeschichte, dass man kaum merkt überhaupt etwas politisch relevantes zu lesen. Und genau das zeichnet gute Literatur aus!

"Die Unschärfe der Welt" erzählt vom Dorfleben und von Gemeinschaft. Davon, dass verschiedene Sprachen, unterschiedliche Herkunft oder Religion kein Hindernis sind, sich gemeinsam einem Land zugehörig zu fühlen. Es erzählt von Diktatur, Enteignung, Diskriminierung, Repressionen, Ungleichbehandlung und steigendem politischen Druck, der in Flucht gipfelt. Aber das alles so sanft und so metaphorisch, dass man es trotzdem gerne liest. Und natürlich erzählt es von Familie und Freundschaft. Von Zusammenhalt und Liebe und den Opfern, die man dafür bereit ist zu bringen.

Ein wunderbarer Roman mit durchweg gelungenem Personal und einer leichten bildhaften Sprache, bei dem man sich auch wohlfühlt, wenn es wehtut.