Rezension

Zurück auf Anfang, aber ganz woanders

Simón -

Simón
von Miqui Otero

Bewertet mit 2 Sternen

Zurück auf Anfang, aber ganz woanders

 

Bei der Lektüre wird der Leser den Verdacht nicht los, dass der Autor vom Ehrgeiz beseelt ist, partout am Welterfolg von Zafons ‚Der Schatten des Windes‘ anknüpfen zu wollen. 
Der Anfang des Romans weckt Erwartungen, determiniert durch die Verknüpfung der Stadt Barcelona mit der Welt der Literatur. So wird der halbwüchsige Rico für seinen jüngeren Cousin Simón zum Cicerone ins Land der Bücher. Doch bereits hier wird ein gewisses Misstrauen geweckt: allzu selbstverliebt geraten die sprachlichen Pirouetten, allzu bemüht das Streben, in der Symbiose der beiden Jungen und dem nächtlichen Streifzug durch die Stadt eine magische Stimmung zu erzeugen. 
Das plötzliche Verschwinden des Älteren wird künstlich mit Bedeutung aufgeladen, erst im Laufe des Romans enthüllt sich die ganze Banalität seines Lebenswegs. Ebenso kleinschrittig entfaltet sich die Entwicklung des Jüngeren. Überfrachtet mit Details wird der dornige Weg der Qualifikation zum Spitzenkoch beschrieben, eine Vielzahl weiterer Figuren bevölkern diesen Handlungsabschnitt, ohne dass diese mit wirklich prägnanten Charakterzügen ausgestattet werden. 
Eine Vielzahl von Missgeschicken, bedauerlichen Wendungen des Handlungsfortgangs befördern den Abstieg des Helden, der in penetranter Weise auch ständig so apostrophiert wird, und nachgereicht wird die Schilderung von Ricos jämmerlichem Dasein: kein Aufstieg, vielmehr ein beständiges Verharren in einem sich beständig drehenden Karussell des Elends. So treffen denn die beiden Hauptfiguren erneut am Ausgangspunkt ihrer Existenz zusammen. Die Literatur, in ihrer Jugend angeblich ein identitätsstiftendes Moment, ist zu einem bloßen name dropping herabgekommen: der weibliche Gegenpart des Duos nutzt sie allein als Sprachrohr ihrer woken Weltsicht. Die gemeinsam entwickelte Geschäftsidee verknüpft oberflächlich diese beiden Bereiche: der antiquarische Buchhandel, wie er im ersten Teil noch als typischer Bestandteil des Lebensgefühls von Barcelona behauptet wurde, mit der inzwischen untergegangenen Kneipenkultur der Elterngeneration. Gänzlich unorganisch die Einarbeitung der realen Ereignisse terroristischer Anschläge, die letztlich nur dazu dienen mögen, die Unmöglichkeit zu konstatieren, eine vergangene, magisch aufgeladene Szenerie aufrecht zu erhalten, so wie die menschlichen Schicksale gleichfalls der Tristesse anheimfallen.

Mein Urteil: 2 Sterne