Rezension

Zwei Hälften eines Ganzen

Zertrennlich - Saskia Sarginson

Zertrennlich
von Saskia Sarginson

Bewertet mit 4 Sternen

Die eineiigen 12jährigen Zwillingsschwestern Isolte und Viola leben glücklich mit ihrer allein erziehenden Hippie-Mutter Rose in den Wäldern von Suffolk. Dort freunden sie sich mit den wilden Michael und John kennen, Zwillinge wie sie. Viola und John verlieben sich ineinander. Als Rose den Witwer Frank heiraten will, sehen die Zwillinge ihn und seine kleine Tochter Polly als Eindringlinge in ihr Leben. Ein nächtliches Ritual soll die Heirat verhindern. Es passiert jedoch ein Unglück und Frank trennt sich von Rose. Diese begeht Selbstmord und Isolte und Viola müssen die Gegend verlassen, um bei ihrer Tante in London unterzukommen. Während Isolte ein neues Leben beginnt und Karriere bei einem Modemagazin macht, kann Viola den Vorfall in der Vergangenheit und insbesondere John nicht vergessen. Sie leidet unter schweren Essstörungen. Isolte will ihr helfen, muss dafür aber den Ort ihrer Kindheit aufsuchen …

 

Das Lesen dieses Buchs erfordert etwas Konzentration. Die Geschichte spielt nämlich in zwei Zeitebenen – der Gegenwart im Jahr 1987 in London und im Jahr 1972 in Suffolk – und wird abwechselnd von den beiden Protagonistinnen erzählt. Isoltes Abschnitte betreffen die Gegenwart und sind in der dritten Person geschrieben; Violas Teil wird aus ihrer Ich-Perspektive geschildert und blickt auf die Vergangenheit zurück, während sie schwer erkrankt im Krankenhaus liegt. Den Faden zwischen unvermittelt wechselnden Erzählern, Zeiten und Orten nicht zu verlieren, ist nicht immer leicht. Die Thematik und dazu passend der Schreibstil ist melancholisch, fast schon schwermütig. Eine reine Unterhaltung darf also nicht erwartet werden. Das Buch setzt sich inhaltlich sehr schön mit der Problematik auseinander, ein eineiiger Zwilling zu sein. Isolte und Viola sind in ihrer Kindheit untrennbar, driften in ihrer Entwicklung dann aber völlig auseinander. Besonders Viola leidet unter dem Zwillingsein. Der Kernsatz hierzu findet sich auf S. 385: Viola war „gefangen … in der unerbittlichen Gleichung der Zweisamkeit“. Sicherlich waren der Autorin ihre eigenen Erfahrungen als Mutter eines eineiigen Zwillingspaares nützlich. Vom Genre her lässt sich das Buch am ehesten als Thriller einordnen. Die Spannung wird recht lange aufgebaut. Während es immer wieder Andeutungen gibt, dass es einen dunklen Punkt in der Kindheit der Mädchen gibt, erfolgt die Auflösung erst recht spät. Als einzig negativ habe ich zwei Punkte empfunden: Es wird zu viel Raum darauf verwendet, die ländliche Gegend zu beschreiben, in der die Mädchen ihre Kindheit verbracht haben. Außerdem werden zu oft Gräueltaten gegenüber Tieren beschrieben, die für die Handlung ohne Bedeutung sind.

Alles in allem aber ein beachtlicher, nachdenklich stimmender Debütroman.