Rezension

Auf der Suche nach Liebe…

Never Let Me Down - Sarina Bowen

Never Let Me Down
von Sarina Bowen

Auf der Suche nach Liebe…

Der New Adult-Roman „Never let me down“ von Sarina Bowen ist am 29. Mai 2020 im LYX-Verlag erschienen und spielt in Orlando, L.A., Claiborne und Kansas City. 

Rachel ist am Boden zerstört, nachdem ihre Mutter kurz vor ihrem 18. Geburtstag gestorben ist. Sie lebt nun in einem Kinderheim, doch ihr Vater, den sie bis jetzt nicht kannte müht sich, das Sorgerecht für sie zu bekommen. Auch wenn er bis jetzt nicht für sie da war, will er zukünftig alles für sie tun. Und das macht er auch. Er erfüllt ihr ihren größten Wunsch: das Studium am Claiborne College. Dort verliebt sie sich in den nerdigen Jake, doch immer wenn es ernster wird, wird Rachel panisch. Sie erkennt, dass sie erst ihre Vergangenheit aufarbeiten muss, um sich auf etwas Neues einlassen zu können. Vor ihr liegt eine aufregende Zeit, die geprägt ist durch viele neue Abenteuer und Eindrücke, aber auch Enttäuschungen und ihrem inneren Konflikt, ob sie ihrem Vater vertrauen kann.

Zwei Abende habe ich für dieses Buch gebraucht, das mich insgesamt zufrieden zurücklässt. Trotzdem bin ich auch ein wenig enttäuscht, weil ich einfach mehr Tiefe und mehr Emotionen erwartet hätte.

Rachel Kress ist 17 Jahre und muss nach dem Tod ihrer Mutter in ein Kinderheim. Zu ihrem Vater hatte sie bis jetzt keinen Kontakt, doch nun taucht er in Orlando auf und kämpft um das Sorgerecht. Rachel fällt es schwer mit der Situation umzugehen. Einerseits hat sie sich das immer gewünscht, andererseits ist Freddy Ricks ein völlig fremder Mann. Trotzdem nähern sich die beiden an und versuchen sich besser kennenzulernen. Leider klappt das aus meiner Sicht nicht wirklich. Anstatt miteinander zu reden und sich offen und ehrlich zu begegnen, versuchen sie alle möglichen Konflikte zu umschiffen. Überhaupt hat Rachel Probleme, offen ihre Meinung zu sagen und für sich selbst einzustehen. Das hat mir persönlich nicht so gut gefallen, denn dadurch wirkt sie etwas oberflächlich und sie macht auch keine wirkliche Entwicklung durch. Auch wie sie mit Haze, ihrem besten Freund umgeht, hat mir gar nicht zugesagt. Anstatt ihm deutlich zu machen, was Sache ist, erträgt sie alles ein Stück weit, wirkt auf mich sogar ein wenig als wäre es ihr egal und macht ihm dadurch immer wieder neue Hoffnung. Diese Einstellung gefällt mir überhaupt nicht und gerade für den Jugendbuchbereich sollte sie sich hier deutlich abgrenzen. 

Für meinen Geschmack hätte Rachel auch etwas aktiver sein können, d.h. ich hätte gern mehr Kampfgeist für ihren Traum/ihr Ziel gesehen, aber es wirkte ein wenig so, als würden sich eher alle anderen darum bemühen. Trotzdem mochte ich sie auf ihre spezielle Art und vor allem tat sie mir leid, plötzlich so allein dazustehen.

Freddy Ricks fand ich auch irgendwie sympathisch, hätte mir aber auch von ihm mehr Aktivität gewünscht. Man erkennt schnell, dass ihm sein Fehler bewusst ist und dass er auch an der Beziehung zu Rachel arbeiten will, aber leider wirkt er dabei recht hilflos. Mir persönlich erfüllt er ein paar zu viele Klischees über Rockstars, aber das ist nur mein persönlicher Geschmack. Bei ihm habe ich aber mehr Entwicklung beobachten können, als bei seiner Tochter.

Jake war mir sofort sympathisch. Er wird eingangs beschrieben, als Nerd, aber so nerdig fand ich ihn gar nicht, eher wie einen ganz normalen Jugendlichen, vielleicht mit einem recht ausgeprägten Hobby. Schon durch seine E-Mails fand ich ihn sehr interessant und er hat mich dann auch im persönlichen Kontakt nicht enttäuscht. Ich hätte ihn gern noch besser kennengelernt. Dafür hätte er aber mehr Raum gebraucht.

Haze ist Rachels Jugendfreund. Anfangs mochte ich ihn, weil er für Rachel in der schweren Zeit da war und sie auch immer unterstützen wollte. Dann tat er mir ein wenig Leid, weil Rachel nach meiner Auffassung ein falsches Spiel mit ihm gespielt hat, aber was er sich dann geleistet hat, fand ich schockierend und er war bei mir unten durch. Diese Entwicklung fand ich ein bisschen schade. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass er ein echter Kumpel ist oder aber ein wirklicher Konkurrent für Jake geworden wäre. So kann ich gar nicht genau sagen, welche Funktion seine Figur hatte.

Aurora fand ich anfänglich super, konnte sie später aber nicht mehr greifen, weil sie sich vom Leser/ von der Leserin distanziert hat. So wirklich hat das aber nicht zu ihrer Figur gepasst. Wirklich schade.

Insgesamt mochte ich die Figuren, auch wenn ich nicht vermag bei jeder Figur deren Funktion zu erkennen. Nicht jede hatte ein eigenes Ziel oder eine eigene Motivation. Auch fand ich sie etwas oberflächlich, d.h. ich hätte mir für jede Einzelne Figur mehr Tiefe gewünscht.

Die Handlung war okay. Es wurde versucht, eine ansteigende Spannungskurve zu entwickeln. Das ist für meinen Geschmack nicht gelungen. Es hat deutlich an Konflikten gefehlt und auch an überraschenden Wendungen. Stellenweise hat es sich wie ein Bericht über Rachels Leben angefühlt, eben durch die fehlenden Konflikte. Das Thema wurde für meinen Geschmack auch nicht ausreichend beleuchtet. Das hätte aber gut gelingen können, wenn man den Figuren mehr Tiefe gegeben hätte. Das Ende fand ich dann aber sehr gelungen und auch passend zu dieser Geschichte.

Aber wie liest sich das Buch nun?

Es sind 32 längere Kapitel, die in der ICH-Form im Präsens aus Rachels Sicht geschrieben wurden. Das hat mir gut gefallen, vor allem um Rachel besser verstehen und nachvollziehen zu können.

Den Schreibstil fand ich großartig. Alles liest sich locker und flüssig und irgendwie harmonisch, trotz der dargestellten schwierigen Situation. Die Dialoge sind authentisch und unterhaltsam und passen in das Genre. Die Beschreibungen der Settings und die atmosphärischen Beschreibungen fand ich auch gelungen. Ich konnte mir alles sehr gut vorstellen. Aber die Darstellung der emotionalen Ebene war mich für mich nicht ausreichend. Obwohl diese Geschichte, wie ich finde, ganz viel Potenzial für große Emotionen hat, sind diese für mich leider nicht gut genug herausgearbeitet worden, so dass mich die Geschichte nicht richtig berührt hat. 

Mein Fazit nach 400 Seiten:

„Never let me down“ zeigt sehr ehrlich, welche Konsequenzen es für Betroffene haben kann, wenn der Eindruck gewonnen wurde, dass Elternteile das Kind nicht kennenlernen wollten und sie kein Interesse am Kind gezeigt haben.     

Wer einen New Adult-Roman sucht, der in den USA spielt und die Themen „Vertrauen“ und „Selbstachtung“ verarbeitet, der dürfte mit diesem Roman gut beraten sein. 

Von mir erhält dieser Roman eine Kaufempfehlung (3,5/5 Sternen), weil die Idee dieser Geschichte viel Potenzial bietet und der Schreibstil wirklich wunderbar ist. Ein halbes Sternchen ziehe ich ab, weil die Hauptfigur sich nicht wirklich entwickelt hat und weil sie für meinen Geschmack auch ein Stück weit ihre Selbstachtung verloren hat. Ein weiteres halbes Sternchen ziehe ich für die fehlende Tiefe aller Figuren ab und noch ein halbes Sternchen für die Darstellung der emotionalen Ebene. Hier wurde nicht das gesamte Potenzial ausgeschöpft.

Insgesamt ist es trotzdem ein gelungener Roman, den ich weiterempfehlen kann.

Vielen Dank an Sarina Bowen und den LYX-Verlag für diese Geschichte.