Rezension

Beeindruckendes Debüt und ein Thriller, der einen so schnell nicht mehr loslässt

Corporate Anarchy - Nils Honne

Corporate Anarchy
von Nils Honne

Bewertet mit 5 Sternen

Marvin ist ein junger Mann, der an den politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen unserer Welt schier verzweifelt. So sehr er auch versucht, die Gier und die Rücksichtslosigkeit in unserer Gesellschaft zu bekämpfen, immer wieder rennt er vor Mauern und muss seine eigene Machtlosigkeit in diesem gnadenlosen System erkennen. Zuletzt verliert er sogar seinen Job als Werbetexter, als er einen Großauftrag sabotiert, den er nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann. Als ihm der charismatische Lennard bei einer Demonstration aus einer brenzlichen Lage befreit und ihn anschließend mit zu seinen Freunden vom Camp Zukunft nimmt, sieht Marvin endlich Licht am Ende des Tunnels. Lennard zeigt ihm den scheinbar einzigen möglichen Weg zu Veränderungen auf: den Weg der Gewalt. Marvin bricht alle Brücken hinter sich ab und schließt sich der Gruppe an. Nach einigen erfolgreichen Aktionen überkommen ihn aber erste Zweifel. Kann es sein, das ihm ein furchtbaren Fehler unterlaufen ist und er sich mit den falschen Leuten eingelassen hat ?

Nils Honne gelingt hier ein beeindruckendes Debüt, das mich auf ganzer Linie überzeugen konnte. Die Geschichte beginnt relativ ruhig und nimmt sich Zeit, seine Charaktere und ihre Hintergründe ausführlich vorzustellen. In diesem Rahmen lässt es der Autor auch nicht an einer gehörigen Portion Gesellschaftskritik fehlen.
Das Buch ist durchgehend aus der Perspektive von Marvin geschrieben, so das wir beim Lesen besonders an seiner Gedankenwelt mit all seinen Nöten und Ängsten hautnah teilhaben können. Aber auch die anderen Mitglieder der Gruppe werden gut und glaubwürdig charakterisiert.

Ungefähr in der Mitte des Buches kippt die Stimmung dann endgültig und entwickelt sich zu einem echten Triller, der ein gehöriges Maß an Tempo, überraschenden Wendungen, Spannung und Dramatik in die Geschichte einbringt und so konsequent auf ein furioses Finale zusteuert.

Das Besondere an diesem Buch ist, das hier die üblichen Gut-und-Böse-Denkweisen nicht mehr funktionieren. Die Manager und Wirtschaftsbosse, die von Lennard, Marvin und Co. bei ihren Aktionen ins Visier genommen werden, entpuppen sich fast ausnahmslos als skrupelose Vertreter einer fast schon menschenverachtenden Politik und man ertappt sich beim Lesen mehr als einmal dabei, das man den Motiven der Gruppe innerlich durchaus zustimmen kann, auch wenn man weiß, das die von ihnen eingeschlagenen Wege, ihre Ziele zu erreichen, mehr als fragwürdig sind und auch nicht zu einer andauernden Veränderung der Verhältnisse führen können.

Ein Thriller, der mich überzeugt hat, und ein Autor, den man sich merken sollte.