Rezension

„Das Böse in deinen Augen“ ist ein atmosphärischer und spannender Psychothriller, der spannende Unterhaltung liefert, die über ein unausgegorenes Ende hinwegtäuschen kann.

Das Böse in deinen Augen - Jenny Blackhurst

Das Böse in deinen Augen
von Jenny Blackhurst

Die originale  Rezension findest du hier.

 

Ein kleines Mädchen in einst weißem, zerschlissenem Kleid, dessen dreckige schwarze Haare ihr wild im Gesicht hängen – ein oft genutztes Bild in Horrorfilmen, welches in vielen Menschen sofort ein mulmiges Gefühl auslöst. Auch Jenny Blackhurst macht von dieser Erscheinung in ihrem Psychothriller „Das Böse in deinen Augen“ Gebrauch. Wie mir das Buch gefallen hat und welche weiteren Leseeindrücke ich bei der Lektüre gewinnen konnte, erfährst du in der folgenden Rezension. 

Ein einfach zu lesender und spannungsgeladener Schreibstil macht für den Leser einen flüssigen Einstieg in vorliegenden Roman möglich. Über eine Lauflänge von etwas mehr als vierhundert Seiten gestaltet die Lektüre erstaunlich kurzweilig, sodass ich „Das Böse in deinen Augen“ nach nur zwei Tagen ausgelesen hatte. Die kurze Kapitellänge tut dabei ihr Übriges. 

Die Figuren werden gut ausgearbeitet. Der Großteil der Kapitel wird aus der Sicht der Kinderpsychologin Imogen Reid erzählt, in die ich mich gut hineinversetzen konnte, da ihre Handlungen glaubwürdig dargestellt wurden. Einige Erzählpassagen werden auch aus Ellies Perspektive wiedergegeben, jedoch wurde hier dennoch die Dritte Person verwendet, um den „Rest“ Geheimniskrämerei und Distanz, welche zu diesem mysteriösen Mädchen gewahrt wird, aufrechtzuerhalten. Die Nebenfiguren werden überwiegend nicht näher beleuchtet, sondern dienen der Handlung nur als Mittel zum Zweck. 

Jenny Blackhurst schafft es geschickt, ihre Leser auf die falsche Fährte zu führen. Man möchte die ganze Zeit herausfinden, was hinter dem gruseligen Mädchen und den damit verbundenen mysteriösen Geschehnissen steckt. Sie baut eine dichte Atmosphäre auf, die den Leser so schnell nicht loslässt, und gelungen zu überzeugen weiß. 

Verwunderlich fand ich jedoch, wie erwachsen und bedacht die Kinder und Jugendlichen in diesem Roman handeln – ganz im Gegenteil zu den volljährigen Figuren des Buches. Mich konnte die Vorstellung, dass die jugendlichen Akteure, die alle jünger sind als ich, zu solchen Dingen fähig sind, wie sie hier präsentiert werden, nicht rumkriegen. 

Die große Wendung, auf die das Buch letztendlich hinarbeitet, möchte nicht schmecken. Die Motive, die hinter den schrecklichen Dingen steckt, sind mir zu schwach, als dass sie einleuchten. Von Kapitel zu Kapitel wird zunehmend Spannung gesteigert – und dann wird sie mit einem solch unausgereiften Plot-Twist entlohnt? Das möchte sich mir nicht erschließen. Zwar ist die Unvorhersehbarkeit gewährleistet, das liegt meiner Meinung nach daran, dass kein „Standard-Thrillerleser“ einen dermaßen hanebüchenen Umschwung kommen sieht. Ausstehende offene Fragen werden fast lieblos mit nicht interessanten Begründungen beantwortet. 

Genau an dieser Stelle merkt man: Die Autorin hat sich zu viel vorgenommen. Spannende Ereignisse türmen sich übereinander, Geheimnisse warten darauf, entschlüsselt zu werden, eine fesselnde Atmosphäre spannt den Leser wie in einem Kokon ein. Jedoch kann Jenny Blackhurst ihre Handlung nicht überzeugend auflösen. Aspekte, die im Roman lediglich der Spannungserhöhung dienten, werden unausgereift zu Ende geführt. Das ist schade. 

Wenn man mich abschließend fragen würde, ob ich „Das Böse in deinen Augen“ weiterempfehlen könnte, dann würde meine Antwort trotz einiger Kritikpunkte „Ja“ lauten. In wem der Klappentext Interesse geweckt hat, sollte tatsächlich überlegen, sich das Buch zu Gemüte zu führen. Trotz seinem enttäuschenden Ende weiß das Buch nämlich sehr gut zu unterhalten und eine beklemmende Atmosphäre aufzubauen. Wer an solchen Romanen seine Freude findet, sei hiermit gut beraten. 

„Das Böse in deinen Augen“ ist ein atmosphärischer und spannender Psychothriller, der spannende Unterhaltung liefert, die über ein unausgegorenes Ende hinwegtäuschen kann. 

Gerne vergebe ich drei von fünf Sternen.