Rezension

Das letzte Puzzleteil

Dem Ozean so nah - Jessica Koch

Dem Ozean so nah
von Jessica Koch

Inhalt:
Nach einer Therapiesitzung verlässt Danny fluchtartig den Raum. Auf dem Flur prallt er direkt in ein zierliches Mädchen hinein. Christina begegnet Danny mit Verständnis. Auch sie hat nach ihrer ersten Sitzung ähnlich reagiert. Bevor Danny sich versehen kann, hat sich die Fremde selbst zum Essen eingeladen.
Danny und Christina erfahren nach und nach, dass sie einiges gemein haben. Beide wurden in der Vergangenheit von ihrem Vater missbraucht. Bei beiden war es so, dass die eigene Mutter die Kinder im Stich gelassen hat. Doch Danny und Christina werden unterschiedlich mit dem erlebten fertig. In schlimmen Momenten sind sie füreinander da, weil sie den jeweils anderen aus ihrer Biografie heraus verstehen.
Es entsteht eine so tiefe Freundschaft, dass sie wie Liebe anmutet. Doch es ist nicht das Körperliche, was beide aneinander bindet. Es ist die seelische Verbundenheit, das Vertrauen und die vollkommende Hingabe zum jeweils anderen. Der eine kann ohne den anderen nicht mehr leben. Die Tatsache, dass Christinas Drogensucht sie immer wieder einholt und die tödliche Krankheit, die in Danny lauert, lassen beide Tag für Tag Endlichkeit spüren.

Schreibstil:
Jessica Koch schreibt fesselnd und packend. Ihr gelingt es das Elend der Welt, vor allem besonders haarsträubende Lebensumstände erfahrbar zu machen.
In diesem dritten Band von Jessica Kochs Buchreihe schildert die Autorin die Zeit, in der Danny seiner besten Freundin und Seelenverwandten Christina das erste Mal begegnet. Es beginnt mit einem ersten Zusammentreffen. Das einerseits toughe, andererseits sehr labile Mädchen wächst Danny schnell ans Herz. Er beginnt für ihr Leben zu kämpfen und macht es sich zu seiner Lebensaufgabe Christina aus dem Drogen- und Straßenstrichmilleu herauszuholen. Kann er sein eigenes Leben nicht retten, so möchte er wenigstens Christina vor dem Untergang bewahren.
Doch hierbei stößt Danny nicht selten an seine Grenzen. Immer wieder packt Christina ihre Sucht nach dem Heroin. Immer wieder wird sie rückfällig. Panikattacken überkommen sie und führen sie zurück in die Vergangenheit, in der der Vater sie missbraucht hat.
Gemeinsam mit der Protagonistin durchlebt der Leser auch in diesem Teil von Jessica Kochs Danny-Saga eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Man spürt den Ekel, wenn Christina sich ihren „Kunden“ stellen muss, die Angst um Danny, wenn er sich mit Christinas Zuhältern anlegt und die tiefe Zuneigung, die zwischen den beiden Protagonisten herrscht.
Jessica Koch zeigt hier sehr deutlich, was Danny und Christina einander bedeuten. War es im ersten Teil noch so, dass man als Leser kein Verständnis dafür hatte, dass die Autorin dulden konnte, dass es eine andere Frau an der Seite ihres Freundes gibt, die sogar halb nackt das Bett mit ihm teilt, so erkennt man hier, dass Jessica keine Wahl hatte, als diese Bindung zu akzeptieren. Auch muss man Christina, die nur das Beste für Danny will und jeden Tag einem nervlichen Balanceakt standhalten muss, einfach ins Herz schließen.
Neben der düsteren Hintergrundgeschichte wird man als Leser aber auch das ein oder andere Mal lachen müssen. Denn Christina neigt dazu, den Freundinnen von Danny eine Show zu liefern, um sie endweder nicht eifersüchtig zu machen oder aber elegant aus dem Haus zu jagen, ganz, wie es ihrem Freund beliebt.
Ganz zum Anfang des Buches habe ich mir die Frage gestellt, ob man dessen Vorgänger unbedingt gelesen haben muss, um diesen dritten Teil zu verstehen. Meine Antwort darauf lautet: Muss man nicht. Doch ist es so, dass durch jeden Band ein Stück mehr von Dannys Geschichte offenbart wird. Erst mit dem letzten Band hat man das Gefühl das Puzzel „Dannys Leben“ vollständig zusammengesetzt zu haben. Hier erfährt man, wie Danny zu seinem Pony Maya gekommen ist, man begreift, was Danny und Christina füreinander bedeutet haben und erhält einen guten Einblick in Christinas Seelenleben. Auch lernt man Dannys damalige Freundesclique genauer kennen.
Eins sollte man als Leser vor dem Lesen der Danny-Buchreihe wissen: Die Autorin schreibt unverblümt. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund. Nicht umsonst enthält Band 2 eine explizite Triggerwarnung. Auch Teil 3 geht ins Detail, wird aber Leser, die Band 2 gelesen haben, nicht mehr schockieren.

Fazit:
Dem Ozean so nah ist das letzte Puzzelstück in Jessica Kochs Danny-Saga. Hier lernt man Dannys beste Freundin Christina näher kennen und verstehen. Erneut schreibt die Autorin fesselnd und
wirft ein Schlaglicht auf von Geburt an nicht bestens gepolsterten Lebensumstände, weckt Verständnis für Drogensüchtige und Zuhälter.
Dieser Band erzählt von Freundschaft, die tiefer nicht gehen kann, vom Wettkampf gegen die Drogensucht und von zwei zerbrochenen Menschen, die jeden Tag versuchen, in der Gesellschaft wieder Fuß zu fassen.
Auch, wenn man die Geschehnisse aus Band 3 ohne Kenntnis der Vorgeschichte verstehen wird, so empfehle ich diesen erst im Anschluss an die Vorgänger zu lesen.
Vollumfängliche Leseempfehlung von mir.

Buchzitate:
„Die Liebe die du meinst, beginnt im Kopf und endet im Bett. Meine Liebe zu dir entsteht im Herzen - und endet niemals. Nicht einmal mit meinem Tod.
In guten Zeiten ist Händchenhalten einfach. In schlechten Zeiten nicht loszulassen, darauf kommt es an.