Rezension

Der goldene Handschuh

Der Goldene Handschuh
von Heinz Strunk

Bewertet mit 5 Sternen

Das Getränkelokal "Zum goldenen Handschuh" auf St. Pauli, Hamburg, ist in den 1970er Jahren ein tristes Auffangbecken für den Bodensatz der Gesellschaft. Trinker, Penner und Nutten geben sich hier die Klinke in die Hand. Auch Fritz Honka, genannt "Fiete", ist Stammgast und sucht Betäubung mittels Alkohol. Nur noch mit großer Mühe hält er im schalen Alltag seinen Kopf über Wasser. Seine Versuche, sich eine bürgerliche Existenz aufzubauen, scheitern kläglich. Auch Liebe findet er nicht. Die Spirale abwärts lässt sich nicht stoppen. Er verschleppt, tötet und zerstückelt vier Frauen. Fritz Honka, im Grunde ein bemitleidenswertes Männlein, ist eine historische Figur. Dem Serienmörder wurde 1976 der Prozess gemacht. Der 1962 in Hamburg geborene Musiker, Schauspieler und Schriftsteller Heinz Strunk erzählt seine Geschichte. In einer Parallelhandlung schildert der Autor die Geschichte eines verwöhnten Sprösslings einer alteingesessenen Hamburger Reederfamilie. Auch da ist freilich nicht alles Gold was glänzt. Abartigkeiten, Perversionen und Gewaltbereitschaft gibt es auch hier. Heinz Strunk zeigt eindrucksvoll: der Nährboden für Böses findet sich überall, unten wie oben. Der Autor schreibt in einer lakonischen und mitunter derben, dabei aber niemals kühlen oder mitleidlosen Sprache. Das Buch ist freilich schonungslos, erzählt es doch von entsetzlichen Elend und notiert Mitteilungen aus einem beschädigten Leben. Der Roman "Der goldene Handschuh" ist große, weil wahrhaftige Literatur. Besonders schockierend dabei ist freilich der Umstand, dass tatsächlich für keine der vier von Fritz Honka erdrosselten und anschließend zersägten Frauen jemals eine Vermisstenmeldung aufgegeben wurde. Sie alle gänzlich verlorene Seelen. Kein Trost, nirgends. Aber der nächste Drink im "Goldenen Handschuh" wartet schon. Die Kneipe gibt es übrigens heute noch.