Rezension

Der tut dich totmachen!

Tausend Teufel - Frank Goldammer

Tausend Teufel
von Frank Goldammer

Bewertet mit 5 Sternen

Einen Winter wie den von 1947 haben die Leute noch nicht erlebt. Als wollte sich selbst die Natur an den Dresdnern für das rächen, was sie im Krieg getan oder auch nicht getan haben, stecken die Temperaturen Tag für Tag im zweistelligen Minusbereich. Und das fast zwei Jahre nach Kriegsende, wo es an allen Ecken und Enden an Wärme und Essen fehlt und die Leute schon für Kleinigkeiten töten oder stehlen. Im Februar wird dann erst eine Leiche (mit Kopf) und dann ein Kopf (ohne Leiche) gefunden und Max Heller steht nicht nur vor einem Problem: Wie es scheint, haben die Russen ein Bordell mit Minderjährigen betrieben, doch da das im Großen Sozialistischen Vaterland nicht sein kann, werden ihm ständig Steine in den Weg gelegt.

Obwohl es sich wie auch in Band 1 und 3, die ich bereits kenne, um spannende Verbrechen mit interessant entwickelten Fällen handelt, liegt die Faszination von Goldammers Büchern trotzdem eher weniger in ihnen begründet. Was dieser Autor wirklich mit erschreckender Realität beherrscht, ist, seine Leser mit in die jüngere Vergangenheit zu nehmen. Schreibt er über diesen entsetzlichen Winter in Dresden, friert man. Erzählt er von dem, was die Leute haben oder nicht haben, empfindet man denselben Hunger, denselben Husten, dieselbe Hoffnungslosigkeit. Es schmerzt beinahe körperlich zu lesen, wie sich kleine Kinder in einem Wäldchen durchschlagen und die Ältesten unter ihnen nur Naziparolen kennen oder so abgebrüht sind, dass es ihnen nichts ausmacht, andere zu töten. Die scheinbare Übermacht der Russen, die tun und lassen können, was sie wollen und doch gerade zum Schluss Menschlichkeit beweisen, ist gut dargestellt, ebenso die verschiedenen Positionen, die Heller und sein zurückgekehrter Sohn Klaus ihnen gegenüber einnehmen.
Ein Buch, das sofort abholt und in eine der schlimmsten Zeiten mit zurücknimmt.