Rezension

Die Grenzen der Diplomatie

Die Diplomatin -

Die Diplomatin
von Lucy Fricke

„Deutsche Touristen waren ein Elend. Ließen sich schon im Taxi das Portemonnaie abnehmen, ritten auf dem Esel durch IS-Gebiete, checkten mit einem Rucksack voller Drogen für ihren Rückflug ein oder schlenderten mit einer Rolex am Handgelenk durch irgendeine Favela, um dann am Ende verzweifelt unsere Notfallnummer anzutelefonieren.“

 

Friederike Andermann, genannt Fred, ist deutsche Diplomatin, die, nach einem unglücklichen Zwischenfall während ihrer Zeit als Botschafterin in Uruguay, als Konsulin nach Istanbul beordert wird. In Istanbul jedoch stößt Fred an die Grenzen der Diplomatie – und die Frage, ob sie bereit ist, eben jene hinter sich zu lassen.

 

Lucy Frickes neuer Roman traut sich in politisch schwierigen Zeiten an politisch schwierige Themen. Und liest sich dabei ausgesprochen unterhaltsam. Fred ist eine absolut sympathische Protagonistin, die nach 20-jähriger Beamtenlaufbahn zwar auf den ersten Blick zynisch wirkt, trotz allem aber nicht die Hoffnung aufgegeben hat, in ihrer Position Veränderung bewirken zu können. Ihr fehlender Enthusiasmus für repräsentative „Blumentopf-Events“ und zynischer Blick auf deutsche Touristen und „Atemlos“-singende Botschafts-Angestellte tragen zu diesen Sympathien eher weiter bei.

Tempo und Stimmung des Romans zeigen einen deutlichen Wandel in der zweiten Hälfte des Romans, die, sowohl was die Handlung als auch Freds Innenleben angeht, deutlich ernstere fast düstere Töne anschlägt. Die Situation von Presse, Kurden und anderweitig als „terroristische Vereinigung“ deklarierter Gruppen in der Türkei dürfte für die wenigsten neu sein. Lucy Fricke gelingt es jedoch, das Thema anhand von Freds Erlebnissen sehr eindrücklich aufzuarbeiten – und stellt uns damit vor die Frage, ob wir die Grenzen der Diplomatie als Grenzen des Möglichen akzeptieren wollen.

Ich habe die Lektüre der „Diplomatin“ sehr genossen, einziger Kritikpunkt meinerseits: Den Bruch zwischen Montevideo und Istanbul empfand ich als zu hart und die Infos bezüglich der zwei dazwischenliegenden Jahre als etwas zu spärlich – stellenweise hatte ich fast das Gefühl zwei unterschiedliche Bücher zu lesen. Was jedoch nichts daran ändert, dass ich beide Bücher sehr gerne gelesen habe und mich bereits auf weitere Romane von Lucy Fricke freue.