Rezension

Ehrlich, intensiv und dennoch humorvoll

So bin ich nicht - Anneliese Mackintosh

So bin ich nicht
von Anneliese Mackintosh

Bewertet mit 5 Sternen

Greta will nur Liebe, Glück, Mittag essen mit Margaret Atwood und endlich einen echten Orgasmus. Aber vor allem möchte sie ihren Vater zurück, mit dem Trinken aufhören und einmal mit der gutaussehenden Frau mithalten, die immer neben ihr auf dem Laufband läuft und T-Shirts trägt mit Schriftzügen wie »Gut ist das Gegenteil von Großartig«. Sie wünscht sich ein normales Verhältnis zu ihrer Mutter und dass ihre Schwester aufhört zu versuchen, sich umzubringen. Sie würde am liebsten nie mehr Kleidung tragen, nie wieder Fleisch essen oder Milch trinken und für radikale politische Ideen kämpfen. Sie würde gern mehr sie selbst sein. Sie würde gern weniger wollen. Denn immer wenn sie etwas erreicht, wird ihr etwas anderes genommen. (Quelle: Amazon)

Vorne weg lässt sich sagen, dass sich das Buch kaum in irgendeine Schublade einordnen lässt und es ist nicht wirklich vergleichbar mit einem bisher veröffentlichten Roman. Dieses Buch ist einzigartig, was nicht zuletzt daran liegt, dass „68 % (…) wirklich passiert“ sind. Es handelt sich auch zu knapp dreiviertel um die Autobiographie von Anneliese Mackintosh, im Buch ihr Alter Ego „Greta“. Sie teilen also nicht die gleichen Geschichte, sondern auch den deutschen Namen.

Man kann sagen, dass die Geschichte aus der Ich-Erzählersicht von Greta geschrieben ist, aber es gibt auch Kapitel, die mehr einer (Gebrauchs-) Anweisung ähneln und wo von der Ich-Form in die Du-Form gewechselt wird. Es ist immer klar, dass Greta trotzdem noch sich selbst meint, aber sie schafft hier eine gewisse Distanz zu schweren Themen, von denen das schmale Buch sehr viele enthält, wie Trauerbewältigung und Alkoholsucht. Die Kapitel sind nicht chronologisch angeordnet. Schnell entsteht der Eindruck, es handele sich um eine wahllose Ansammlung von fast schon Kurzgeschichten-artigen Episoden aus Gretas Leben. Dem ist nicht so. Dem aufmerksamen Leser gelingt es hier den roten Faden und die zeitliche Abfolge der Geschehnisse nach Beendigung des Romans zu erkennen. Dreh- und Angelpunkt ist der Tod des Vaters, auch für Greta selbst. Einige Ereignisse passieren davor und einige danach. In den Kapiteln gibt es oft, wenn auch nur in Nebensätzen immer Andeutungen dazu und so kann man sich leicht zurecht finden.

Einige Kapitel wirken mitunter sehr surreal und scheinbar durcheinander, genauso wie es Greta auch in ihrem Leben ist. Grund dafür sind zwei Ereignisse in Gretas Leben. Eines ist der Tod des Vaters. Mit jeder Story wird deutlich, dass Greta versucht ihren Platz im Leben zu finden. Das Buch ist keine leichte Kost und nimmt absolut kein Blatt vor den Mund. Auch wenn es stellenweise auch poetisch sein kann, wird Gretas Meinung ist immer sehr klar rüber gebracht. Hier wird auch vor obszönen und vulgären Begriffen kein Halt gemacht. Darauf muss sich der Leser einstellen. Genauso wie auf viele, vielleicht für den ein oder anderen, schwer verdauliche Themen, wie psychische Erkrankungen und Alkoholsucht etc. Auch das die Beziehung zu ihren und zwischen ihren Eltern ist für Greta nicht einfach und ist stellenweise sehr belastend für sie. Doch neben der ganzen Schwermut und Bitterkeit, die bei diesen Themen schnell entstehen können, geht Greta mit einer gewissen Leichtigkeit und Humor heran, sodass auch ich an so einigen Stellen schmunzeln musste. Anneliese Mackintosh hat eine wunderbare Art bestimmte Situationen so fein beobachtet zu haben, um sie dann so zu beschreiben, dass einem oft lächerlich erscheinen, sie aber dennoch voll und ganz der Realität entsprechen.

Auch wenn man erst einmal in die Geschichte etwas reinkommen muss, so konnte mich diese doch sehr schnell für sich einnehmen und fesseln. Es ist ein Buch, welches wirklich schockiert, aber gleichzeitig auch unterhaltsam und sehr ehrlich ist, aber vor allem schenkt es Hoffnung. Hoffnung darauf, dass bei allem Schlechten und Schrecklichen, was einem im Leben widerfahren kann, immer noch ein glückliches und zufriedenes Leben möglich ist. Manchmal ist der Weg dahin beschwerlich, aber am Ende heißt es „Der Weg ist das Ziel“.