Rezension

Ein Buch, das im Gedächtnis bleibt

Mit Worten kann ich fliegen - Sharon Draper

Mit Worten kann ich fliegen
von Sharon Draper

Bewertet mit 5 Sternen

„…Als ich zwei war, hatten all meine Erinnerungen Worte und all meine Worte hatten Bedeutung. Aber nur in meinem Kopf. Ich habe nie ein einziges Wort gesprochen…“

 

Selten ist es mir so schwer gefallen, meine Meinung zu einem Buch in Worte zu fassen. Wie drückt man das Unfassbare aus?

Ich sehe sie vor mir, die Protagonisten dieses Buches. Im Mittelpunkt steht Melody. Sie ist 11 Jahre alt, als sie obriges Zitat niederschreibt. Sie leidet seit der Geburt an Zerebralparese. Körperlich behindert und mit nur geringen Möglichkeiten, mit ihrer Umwelt zu kommunizieren, saugt sie alles auf, was es zu lernen gibt. Im Buch erzählt sie ihr Leben, sachlich und detailgenau. Sie will kein Mitleid. Sie will so akzeptiert werden, wie sie ist mit ihren Stärken und Schwächen.

Die Eltern kümmern sich liebevoll um die Tochter, fördern sie, setzen sich für sie ein und glauben an ihre Fähigkeiten. Penny, die jüngere Schwester, ist in ihrer kindlichen Unbekümmertheit wie ein Sonnenschein in der Familie.

Mrs. V., die Nachbarin, kümmert sich um Melody, wenn die Eltern verhindert sind. Sie hat ein fast perfektes System von Fördern und Fordern entwickelt. Selbst die geringen körperlichen Möglichkeiten des Mädchens hilft sie ihr zu erkennen. Ihre Gespräche mit Melody, die sie in bitteren Situationen auffangen, gehören zu den Höhepunkten des Buches.

In der 5. Klasse kommt Melody in eine Integrationsklasse. Verbesserte technische Geräte, die auf ihre Behinderung eingerichtet werden, ermöglichen ihr die Teilnahme am Unterricht. Zwei Schülerinnen der Klasse spielen eine besondere Rolle. Claire kann nicht damit umgehen, wenn andere besser sind als sie. Außerdem verachtet sie Menschen, die in ihren Augen nicht vollkommen sind. Trotzdem ist ihre offene Feindseligkeit besser zu ertragen als das Verhalten von Rose. Sie spricht von Freundschaft zu Melody – und hält sich eine Hintertür zu Claire offen. Das Verhalten des Lehrers? Das zu beurteilen obliegt dem zukünftigen Leser.

Gern hätte ich gewusst, wie es mit Melody weitergeht. Ich bin froh, dass ich sie als Leser durch die Höhen und Tiefen des Lebens begleiten durfte.  Das Buch hat mich tief bewegt und nachdenklich zurückgelassen. Wie oft sehen wir nur, was vor Augen ist!

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Ich bewundere Melodys Mut und Zielstrebigkeit. Sie bleibt sich treu, auch in den schwierigsten Situationen. Trotz des sachlichen Schreibstils ist die Geschichte emotional berührend.     

Kommentare

wandagreen kommentierte am 10. Juli 2014 um 20:41

"Trotz des sachlichen Schreibstils ist die Geschichte emotional berührend." Stimmt, hat mir genau so gut gefallen, eine phantastische Erzählung.