Rezension

Ein Buch, das mit Zwischentönen begiestert,aber auch polarisieren kann.

Als Gott ein Kaninchen war - Sarah Winman

Als Gott ein Kaninchen war
von Sarah Winman

Bewertet mit 5 Sternen

Warum sollte Gott kein Kaninchen sein können? Warum können Süßigkeiten nicht ein Leben lang nur einen Penny kosten? Alles Gedanken, die sich Elly schon mit Sieben macht und mit Neun und mit Elf. Und wie verkraftet man einen Verlust, wenn es bedeutet einen Teil von sich selbst zu verlieren?

20 Jahre später kommt sie sich nicht viel glücklicher vor. Aber sie wird gebraucht und kämpft. Nun ist sie es, die ihren Bruder beschützen muss...

"Mein Leben lässt sich in zwei Hälften unterteilen, nicht wirklich im Sinne von Vorher und Nachher, sondern eher zwei Buchdeckeln gleich, die Jahre leerer Grübeleien zusammenhalten... [...]

Und was wirklich alles zwischen zwei Buchdeckel passt, ist wirklich erstaunlich. Beginnen wir mit dem Lesen im Jahre 1968, da sollte Elly geboren werden. Ein großes, buntes und aufregendes Jahr für ihre Familie und auch für England. Elly ist das, was man einen Freak heute nennt und damals ein eigenartiges Kind war. Ihr Bruder Joe ist eigentlich genau so, nur Jahre älter und ein Aufpasser. Was bleibt den Kindern denn, wenn die Mutter mit ihrem Leben zu kämpfen hat und der Vater etwas weltfremd ist?

Aber eigentlich bleibt Elly sowie so nichts erspart. Einsamkeit, schnell lesen lernen (zu schnell, sie ist ungefähr vier), rasant erwachsen werden, weil man Dinge sieht, die man nicht sehen soll. Manchmal denkt man, es sei zu viel für ein Menschenleben, was diese Familie erleiden muss. Manchmal ist es auch nur die kleine Elly, die ich in den Arm nehmen möchte, um ihr zu sagen: Es ist nicht immer so.

Aber dann kommt mir die Erleuchtung. Es sind die Kinderaugen, die Sarah Winman sprechen lässt. Und ein Kind sieht viele Dinge anders. Klar ist es die Sprache der Alten Elly, die im Rückgriff ihr Leben erzählt. Aber es ist auch die kindliche Frische, die Naivität und die Schnelligkeit mit der Elly als Kind alles verarbeitet, die uns irritiert. Es sind viele ernste Themen, die angesprochen werden, aber auf die Wahrnehmung kommt es an.

Im zweiten Teil wird es nämlich ruhiger. Elly beginnt ihr Leben zu reflektieren, denkt eher nach, wird ruhiger. Und dann wird sie gebraucht. Es ist die Hälfte des Buches, aber hier dreht sich die Lesezeit langsamer.

Ein Wunder, wie viele Menschenleben zwischen zwei Buchdeckel passen und wie viel englische Geschichte und Weltgeschichte. Denn wer aufmerksam liest, merkt das die Autorin stolz ist auf einige Dinge, die in der Welt damals passiert sind, auch sie trauert, wenn etwas passiert, und schaut nicht nur vor ihre Haustür. Es ist ein geschichtlicher Aufriss, der auch viel mit der Familie und Elly zu tun hat.

Es war einfach alles dabei: Das Gefühl aufgeben zu wollen, das Gefühl ein Geschichtsbuch zu lesen. Auch Tränen hatte ich in den Augen und geschmunzelt über Kaninchen und Co.