Rezension

Ein Buch mit vielen Facetten und wirklich, wirklich gut

Stand by Me -

Stand by Me
von Helena Hunting

Bewertet mit 5 Sternen

Daxton und Kaylin treffen gleich am ersten Tag im College aufeinander. Im wahrsten Sinne des Wortes. Er ist ein ehemaliger Tennisstar einer TV-Serie und sie der größte Fan aller Zeiten. Was sie ihm in aller Peinlichkeit auch gleich erzählt. Trotzdem verstehen sie sich gut und entwickeln eine freundschaftliche Rivalität, wenn es um das Erreichen guter Noten geht. Bis sich Kaylin letztlich von Daxton verraten fühlt und ihre Wege sich trennen.

 

Nach einem Zeitsprung von mehreren Jahren treffen sie sich in Kaylins Kanzlei wieder. Denn Daxton braucht ihre Hilfe, um ihm in einem Sorgerechtsstreit beizustehen. Nach dem plötzlichen Unfalltod ihrer Eltern will er sich um seine 13-jährige Schwester Emme kümmern und muss dabei gegen die gemeinsame Tante ankämpfen, die sich für die bessere Erziehungsberechtigte hält.

 

Nach dem recht schwachen Start des ersten Teils dieser Reihe bin ich mit gemischten Erwartungen an dieses Buch herangegangen. Und sie wurden übertroffen von einer gefühlvollen und bewegenden Geschichte, die in vielen Teilen richtige Worte findet, wenn es um Trauer und die Bewältigung derselben geht.

 

Schon für Erwachsene ist es schwer, mit dem Verlust von geliebten Menschen umzugehen. Für ein junges Mädchen im Teenageralter, das in einer Zeit der verwirrenden Gefühle und hormonellen Schwankungen enge Bezugspersonen benötigt, ist es ein besonders harter Schlag, beide Elternteile auf einmal zu verlieren. Wie geht man als großer Bruder damit um? Wenn man selbst bisher ein Junggesellendasein genossen hat und nun plötzlich den Ersatzvater geben muss? Zudem muss Daxton ja auch irgendwie seine eigenen Gefühle verarbeiten. Kaylin ist in dieser Situation mit ihrer ruhigen und besonnenen Art eine große Hilfe.

 

Dennoch bin ich eindeutig mehr Daxton verfallen. Spätestens als er mit typisch männlicher

Hilflosigkeit in einem Drogeriemarkt steht und Hygieneartikel für Emme besorgen will, die gerade ihre erste Periode erlebt. Wie er sich bemüht, um ihr beizustehen und dann schließlich mit einem Paket Inkontinenzhöschen davongehen will - köstlich.

 

Falls aufgrund des witzigen Kennenlernens und der oben geschilderten Szene der Eindruck entsteht, dass es sich um eine klassische romantische Komödie handelt, so ist dies falsch. „Stand by me“ ist so viel mehr und Komödie am wenigsten. Helena Hunting schafft es mit der nötigen Leichtigkeit, den Balanceakt zwischen Humor und Ernst, zwischen Drama und Scherz, zu gehen.

Vielleicht hätte man das Thema weiter ausarbeiten können, ja, aber im Rahmen dieser Geschichte fand ich es genau richtig.

 

Dazu passt auch, dass die Erotik zwischen Dax und Kay zwar unterschwellig spürbar ist, sich aber langsam entwickelt und nicht das Buch beherrscht. Schön, wenn eine Autorin feinfühlig genug ist, um zu erkennen, dass Sex nicht das Stilmittel der Wahl ist.

 

Ein feinfühliges Buch, dass bei allem Ernst nie ins tränenreiche Drama abrutscht und am Ende mit einem versöhnlichen Epilog aufwartet, der so witzig ist wie der Beginn.