Rezension

Ein großartiger Roman in der Tradition Zolas und Hugos

Die Arena -

Die Arena
von Négar Djavadi

Bewertet mit 5 Sternen

Négar Djavadi stammt aus dem Iran und musste 1980 als Elfjährige aus politischen Gründen auf abenteuerlichen Wegen mit ihrer Familie aus ihrem Heimatland nach Frankreich fliehen. Seit vielen Jahren lebt sie nun in Belleville im Osten von Paris, wo auch ihr zweiter Roman „Die Arena“ verortet ist.

Belleville ist ein geschichtsträchtiges Quartier, fielen dort doch 1871 die letzten Barrikaden der „Commune“. Mit dem Zuzug der Menschen aus den Kolonien, vornehmlich aus dem Maghreb, veränderte sich die Bevölkerungsstruktur hin zu der eines typischen multikulturellen Einwandererviertels, in dem die unterschiedlichsten Nationalitäten ihren Platz fanden. In den letzten beiden Jahrzehnten wurde dieses Viertel von der Künstlerszene entdeckt, Galerien eröffnet und viele der alten Häuser abgerissen oder von Investoren saniert, um Wohnungen für einen neue Klientel zu schaffen. Doch noch gibt es sie, die Straßenzüge, die ihren alten Charakter beibehalten haben, nicht gentrifiziert sind. Die Frage ist nur, wie lange diese Gegensätze noch nebeneinander existieren können, bevor die Luft zu brennen beginnt. Und es ist genau dieser Zustand der Ungewissheit, den Djavadi in ihrem Roman beschreibt, wo nur ein Funke genügt, um diese explosive Mischung in die Luft zu jagen.

„Die Arena“ ist ein Noir- bzw. Polar-Roman, in dem die Autorin offen Kritik an den gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen ihrer Wahlheimat übt. Djavadi beschönigt nichts, ist kompromisslos in ihren Beschreibungen, und ja, man spürt ihren Furor, denn es sind Aussagen, die eigentlich für alle westlichen Gesellschaften zutreffen. Dabei bricht sie Allgemeines auf Individuelles herunter, wählt quasi Stellvertreter, nennt Opfer und Täter ohne zu bewerten. Sei es Social Media, die Unterhaltungsindustrie, Fake News, Angst vor Statusverlust, Konkurrenzkampf, überforderte Eltern, Perspektivlosigkeit und daraus folgerndes Abrutschen in die Kleinkriminalität, bis hin zu blindwütigem Aktionismus wie dem Umgang mit Migranten. Aber trotz dieser Themenvielfalt wirkt die Handlung nie überfrachtet, jedes Rädchen hat seinen Platz und erledigt seine Aufgabe.

Ein aktueller, ein großer Roman in der Tradition Zolas und Hugos, der den Zeitgeist in all seinen Facetten einfängt, in dem wir als Zuschauer auf der Tribüne Platz nehmen und mit Kopfschütteln betrachten, was unten in der Arena geschieht.