Rezension

Ein Land - zwei Familiengeschichten

Ein Sommer in Irland - Ricarda Martin

Ein Sommer in Irland
von Ricarda Martin

„Ein Sommer in Irland“ ist ein erfrischender Roman, bei dem zwei Schicksale und zwei Familie unwiederbringlich miteinander verbunden sind. Nicht nur die authentischen Charaktere, sondern auch das tolle Setting und die schlüssige Geschichte haben dieses Buch zu einem wahren Genuss gemacht.

Wir bekommen diese Geschichte nicht nur aus verschiedenen Blickwinkeln und Perspektiven erzählt, sondern auch noch aus unterschiedlichen Zeitsträngen. So wird uns auf der einen Seite die aktuelle Story von Caroline und Kim im Jahr 2014 näher gebracht und auf der anderen Seite erhalten wir Einblick in die Handlungsstränge 100 Jahre zuvor, die im Verlauf nach und nach einen Sinn ergeben und das Gesamtbild abrunden. Der Schreibstil ist leicht verständlich und vor allem sehr flüssig gehalten, sodass ich die Geschichte an einem Stück hätte verschlingen können. Auch wird der Schreibfluss immer wieder durch Mails, SMS und Briefe aufgelockert, sodass man das Buch als Leser gar nicht aus der Hand legen mag.

Caroline hat mir von Anfang an sehr gut gefallen und stetig Sympathiepunkte gesammelt. Sie hat es im Leben nicht leicht gehabt und schlägt sich auf ihre Art und Weise durch. Besonders zugesagt hat mir, dass sie kein Stereotyp ist und sich deutlich von üblichen Protagonistinnen unterscheidet. So macht sie beispielsweise Fehler, denkt darüber nach und steht im Zweifelsfall auch zu diesen. Auch Kim ist eine starke Persönlichkeit, die im Verlauf der Geschichte über sich selbst hinauswächst. Sie hat mich besonders überrascht, weil man zu Beginn von einem typisch bockigen Teenie ausgeht und dann doch eines Besseren belehrt wird.

Die Nebencharaktere waren zwar vielzählig, aber trotzdem indivieduell gestaltet. Besonders die beiden Zeitebenen haben es namenstechnisch in sich, weil man sich nicht nur eine Generation von Personen einprägen muss, sondern gleich zwei. Aber die Autorin hat es gekonnt verstanden, diese beiden Ebenen miteinander zu verknüpfen und so ist für den Leser letztendlich nur eine spannende Geschichte übrig geblieben.

Gerade das Setting war unglaublich authentisch gestaltet. Die Umgebungsbeschreibungen in Irland waren einfach nur traumhaft und ich habe mich selbst dorthin versetzt gefühlt. Auch Cardew Castle ist vor meinem inneren Auge zum Leben erwacht. Ich konnte die Zugluft spüren, habe den leichten Moder gerochen und das Knistern des Feuers gehört. Wer solch ein Talent für Beschreibungen hat, ist wirklich gesegnet und das ist auch der Hauptgrund, weswegen das sicher nicht mein letzter Roman der Autorin war.

Zur Spannung brauche ich eigentlich nicht mehr viel sagen, weil ich von der ersten Seite an gefesselt war. Gerade die Rückblenden haben die Stimmung noch zusätzlich angeheizt, weil hier nur nach und nach die Wahrheit offenbart wurde. Caroline musste in ihrem Urlaub in Irland wahre Detektivarbeit betreiben und ich bin froh, dass ich diese Familiengeschichte als Leser mitverfolgen durfte.

Die historischen Hintergrunddaten waren von der Autorin sorgfältig recherchiert und sehr gut mit der Handlung verwoben worden. Auch das damals brisante Thema Homosexualität hat sie sensibel, aber doch aufzeigend im streng katholischen Irland um 1900 dargestellt.

Bei diesem Roman hat für mich einfach alles gestimmt und das sage ich nicht nur, weil ich ein absoluter Irland-Fan bin und selbst gerne mal auf die grüne Insel möchte. Die Charaktere waren in sich und miteinander stimmig, die Familiengeschichte glaubhaft geschildert und der Schreibstil einfach nur spannend und unterhaltsam – weiter so, Ricarda Martin!