Rezension

Ein Leben, das zu einer Suche wird – große Fragen einer großen Erzählerin

Ein erhabenes Königreich -

Ein erhabenes Königreich
von Yaa Gyasi

Bewertet mit 4 Sternen

Das Verhältnis von Religion und Wissenschaft, Ghana und den USA, People of Color und einer von Weißen geprägten Gesellschaft – es sind große, allumfassende Themen, die Yaa Gyasi in den Mittelpunkt ihres neuen Romans stellt, Themen, die politisch besetzt und emotional aufgeladen sind. Kriegsgebiete für manche, viele. Auch gerade deswegen mag eine sachliche Auseinandersetzung mit diesen oftmals unmöglich erscheinen, zu groß sind die Gräben, die zwischen ihnen bestehen.
Umso größer, vielleicht auch mutiger ist Gyasis Ansatz zu schätzen, ihre Figuren gerade in diesen Fragen auf eine Reise zu schicken, die auch zu einer Suche nach dem Verbindenden, Gemeinsamen im vermeintlich Gegensätzlichen und Unvereinbaren wird. Die Auswirkungen auf ihre Leben sind dabei gravierend, leidvoll, aus Entbehrungen werden Verlust, Trauer. Und auch für mich als Leserin ist es eine emotionale Schwere, die mich durch die Geschichte begleitet, Leichtigkeit und Freude mögen vor allem mit Blick auf den wunderbaren Erzählstil und die in Teilen poetische wie zugleich sezierende, analytische Sprache aufkommen.
Der Glaube an Gott ist das verbindende Element, welches die auseinanderstrebenden Leben der Figuren zumindest eine Zeitlang zusammenzuhalten vermag. Zugleich ist es aber auch die Religion, die insbesondere in Gitsy und Nana Reibung mit dem Vorhandenen erzeugt und mit Blick auf die eigene Gemeinde ihre Sonderposition als Angehörige einer Minderheit – wenn auch zahlenmäßig von einer erheblichen Größe an Mitgliedern – festigt.
Gitsys Konsequenzen aus den erlittenen Verlusten und Traumata sind der Versuch einer Zusammenführung von Religion und Wissenschaft und wiederum die Widmung ihrer Forschung dem Verständnis von Sucht und der Durchbrechung von mit dieser verbundenen Belohnungsstreben. Das ist viel. Zu viel für das Leben einer jungen Frau. Und auch viel für mich als Leserin. Ich fühle mich erschöpft aber zugleich auch bereichert um eine großartige Erzählung und die Auseinandersetzung mit Themen und Fragen, die allzu oft wortlos und unausgesprochen bleiben.