Rezension

Ein Märchen

Bis zum Mond und zurück -

Bis zum Mond und zurück
von Dani Atkins

Bewertet mit 3.5 Sternen

Als die begeisterte Astronomin Lisa zu einer Messe nach London fährt, bei der sie einen Vortrag halten soll, verunglückt der Zug und LIsa stirbt - und lässt ihren Mann und und ihren 6jährigen Sohn leidend zurück. Gegen sein Wissen hatte Lisa sich als Organspenderin registrieren lassen, und so erhalten Molly ihr Herz, Mac ihre Hornhäute, Barbara ihre Niere und Jamie ihre Lunge. Während ihr Sohn Connor sich immer mehr in sich zurückzieht, such ihr Mann Alex nach einer tieferen Bedeutung und drängt auf ein persönliches Kennenlernen der Gruppe.....

Dani Atkins erzählt die Geschichte abwechselt aus der Sicht der beiden Haupt-Figuren Alex und Molly und schafft es so, einen umfassenden Blick auf die Geschichte zu werfen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf Anziehungskräften und der Liebe.

Obwohl ich keine Freundin von Liebesromanen bin, konnte das Buch mich in seinen Bann ziehen und ich mochte es nicht mehr aus der Hand legen.
Aber: Ich habe mich gefragt, ob ich es nicht ein wenig Schade finde, dass das Thema der Herz-Transplantation selbst bei der Hauptfigur Molly komplett ausgespart wurde.... All die vielen Fragen und Probleme, die Risiken usw. aus diesem Zusammenhang wurden weggelassen; es klingt alles ein wenig danach, als wenn es "keine große Sache" sei, was natürlich nicht stimmt. Aber vielleicht ist das gerade das Positive: die Konzentration auf die Zeit danach und das Menschliche im Gegensatz zum Technischen. Nachdem ich mich damit arrangiert hatte, konnte ich mich wieder voll auf die Geschichte fokussieren - und mein Fazit zu Aufbau und Verlauf sind positiv.

Die Figuren sind interessant gezeichnet und zu allen kann ich eine Verbindung aufbauen. Spannend, wie völlig unterschiedlich eine jede ist und wie alle Varianten abgedeckt sind. Selbst die negativen Eigenschaften, wie Jamies offensichtliche Übertreibungen oder Lügengeschichten erscheinen irgendwie charmant; ich mag grundsätzlich jeden einzelnen - was nicht heißt, dass ich einige Figuren lieber mag als andere. ;)
Am meisten berührt es mich, wie Alex und Connor leiden und wie Connor mit dem Verlust seiner Mutter umgeht: Er leugnet ihren Tod und rechnet fest mit ihrer Rückkehr. Da Connor insgesamt viel zu reif für sein Alter scheint und sich immer mehr in sich zurückzieht, tut er mir unendlich leid. Oftmals treibt mir dieses Schicksal Tränen in die Augen. Demgegenüber steht Molly, die unglaublich positiv mit ihrem Schicksal umgeht und offenbar einfach nur glücklich mit ihrem neuen Herzen ist. Selbst die Albträume, Schlaflosigkeit und ähnliches werden zwar erwähnt, scheinen Molly jedoch nicht besonders herunterzuziehen. Dies erscheint mir dann ein wenig zu fantastisch zu sein und fernab der Realität; hier hätte ich mir etwas mehr Spielraum gewünscht.

Die Botschaften des Buches sind eindringlich:
NIMM DEIN SCHICKSAL AN UND MACHE DAS BESTE DARAUS -
dies ist die Kernaussage!
Molly ist ohnehin ein absolut positiver Mensch; nie hadert sie mit ihrer Krankheit und der schweren Operation - oder gar mit der Tatsache, dass ihre Lebenserwartung, trotz der erfolgten Transplantation begrenzt ist! Mittlerweile lesen wir von zwei überaus schwierigen Punkten in bezug auf eine Herztransplantation: Die vielen Medikamente, die die Patientin bis an ihr Lebensende einnehmen muss und die Tatsache, dass Molly auch mit ihrem neuen Herz nicht ALT werden wird. Diese Probleme werden jedoch gar nicht weiter thematisiert, sondern werden von der Autorin wirklich nur am Rande erwähnt - sie konzentriert sich einfach völlig auf IHR THema und lässt alles schwierige komplett außen vor.

Alex "Forschungen" über das Thema der "zellulären Erinnerung" fand ich sehr interessant; ich hatte davon schon gehört. Nachdem er sich zunächst auf seine Gedanken an und um Lisa versteift hatte, gelingt es ihm mehr und mehr, sein Schicksal anzunehmen und sich der Realität zu stellen; auch für Connor kann er zunehmend der Vater sein, den Connor braucht. Insofern macht er die größte Entwicklung durch.
Auch alle anderen Figuren sind fernab der Realität ohne eigene Schwierigkeiten gezeichnet; was die Geschichte ein wenig flach erscheinen lässt - womit ich dem Buch die gute Unterhaltung aber nicht absprechen möchte!

Und noch ein Thema möchte ich ansprechen, das mir ganz besonders am Herzen liegt:
BITTE REGELT ALLE RECHTZEITIG EURE ANGELEGENHEITEN !!!
Es ist sträflich, jeden Gedanken an die eigene Sterblichkeit zu verdrängen und das Thema sowie die entsprechenden vorausschauenden Regelungen nicht zu treffen!
IM Buch ist Alex derjenige, der nie über diese Themen sprechen wollte, während Lisa (hinter seinem Rücken) ihre Organspende-Unterlagen organisiert und damit die Handlung erst möglich gemacht hat. Zum einen natürlich gut, DASS sie alles geklärt hatte trotz ihres jungen Alters - zum anderen zeigt es, wie sehr eine solche Entscheidung direkt im Falle des Todes die Angehörigen überfordert!
Egal, was für Wünsche ihr habt (auch, wenn ihr keine Organe spenden wollt!) LEGT ES FRÜHZEITIG FEST! Wahrscheinlich braucht ihr es nie - aber ihr tut euren Lieben damit etwas Gutes.

Zuletzt Ich muss zugeben, dass ich einigermaßen verstimmt vom Ende bin!
Während die komplette Geschichte ja das Thema "Organspende" sehr positiv darstellt und alle schwierigen Fragen und Themen überwiegend ausklammert - und mich dabei trotzdem fesseln und in den Bann ziehen konnte - fand ich den großen Showdown mit Connors Verschwinden und der abenteuerlichen Suche nach ihm mit HInweisen aus Träumen und der schnellen Rettung aus dem tosenden Meer fernab jeglicher Realität und geradezu märchenhaft. Das war mir einfach too much - und der wirklich positive Eindruck ist zerstört. Schade!

So bleiben letztlich - trotz der schönen Unterhaltung - nun doch nur noch 3,5 Sterne übrig. Ich bin aber sicher, dass viele Leserinnen das anders bewerten und nicht so kritisch sehen.