Rezension

Eine Organspende, die Hinterbliebene und Empfänger miteinander verbindet - eine anrührende Geschichte, die zeigt, wie dicht Anfang und Ende nebeneinander liegen können.

Bis zum Mond und zurück -

Bis zum Mond und zurück
von Dani Atkins

Bewertet mit 4 Sternen

Die Astronomin Lisa Stevens stirbt im Alter von 33 Jahren bei einem Zugunglück und hinterlässt ihren Ehemann Alex und ihren sechsjährigen Sohn Connor. Ohne ihr Wissen hatte sie sich als Organspenderin registrieren lassen und kann auf diese Weise vier Menschen helfen, deren Leben sie rettet oder ganz entscheidend verbessert. Alex nimmt Kontakt zu den Empfängern der Organe auf und spürt ganz besonders bei Molly, die Lisas Herz bekommen hat, dass Lisa noch da ist. Für ihn ist ihre Liebe da, solange ihr Herz schlägt, wofür er den Beweis in ominösen Studien zum zellulären Gedächtnis sucht. 
Zwischen Lisas Hinterbliebenen und ihren Organempfängern besteht eine einzigartige Verbindung. Es entwickeln sich Freundschaften und nicht klar einzuordnende Gefühle untereinander, die einerseits Halt geben andererseits aber auch verstörend sind. 

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Perspektive des Witwers Alex und der Transplantatempfängerin Molly geschildert. Durch den empathischen Schreibstil fällt es leicht, in beide Sichtweisen einzutauchen. Beide Schicksale gehen zu Herzen, aber insbesondere Alex, der zusammen mit seinem Sohn Connor hart an dem Verlust der geliebten Ehefrau und Mutter zu knabbern hat, stimmt traurig. 
Trotz der auch positiven Veränderungen, die sich für die Transplantatempfänger ergeben, umweht die Geschichte ein Hauch von Melancholie, denn der Tod von Lisa ist allgegenwärtig. Connor versteht nicht, wo seine Mummy ist und rechnet jederzeit mit ihrer Rückkehr, während Alex seine Ehefrau unweigerlich in den vier Organempfängern Barbara, Jamie, Mac und Molly sucht. So fühlt sich seine Kontaktaufnahme und die beginnenden Freundschaften bizarr und nicht ganz ehrlich an. 
Die widersprüchlichen Gefühle und Unsicherheiten sind auf beiden Seiten spürbar. Die Organempfänger empfinden tiefe Dankbarkeit, aber wie weit muss diese gehen? Wie weit müssen und dürfen sie an der Trauer der Hinterbliebenen teilhaben? Wurden sie zufällig ausgewählt oder haben ihre Verbindungen einen tieferen Sinn? Lebt Lisa in ihnen weiter oder verrennt sich Alex in eine fixe Idee, die ihn Lisa nicht loslassen lässt? 

Die Geschichte zeigt auf anrührende Weise, wie dicht Anfang und Ende, Hoffnung und Trauer, beieinander liegen können. Die Unsicherheiten in den Beziehungsgeflechten sind authentisch geschildert. Wie für die Protagonisten als auch für den/ die Leser*in ist es schwierig einzuordnen, ob die Gefühle untereinander echt sind und ob die Figuren wirklich mehr verbindet als die Organe einer toten Frau. 
Der Showdown am Ende um das Verschwinden Connors gibt Aufschluss und macht die Geschichte am Ende rund. 
Der Roman stellt rein auf die Beziehungen der Menschen untereinander ab und hält sich nicht medizinischen Details auf, was vielleicht etwas einseitig ist, aber dennoch jeden darüber nachdenken lassen sollte, Organspender zu werden. Wer sich dann auch nicht daran stört, dass alle Charaktere ein wenig zu gutherzig erscheinen und das Ende kitschig glücklich ist, für den ist "Bis zum Mond und zurück" die perfekte Herz-Schmerz-Lektüre.