Rezension

Eine Reise ins Land Imago

Imago - Isabel Abedi

Imago
von Isabel Abedi

Bewertet mit 4 Sternen

Wanja ist ein ganz normales Mädchen im Alter von zarten 13 Jahren und damit mitten in der Pubertät. Zusammen mit ihrer Mutter Jo und ihrem Kater Schröder lebt sie in einem schönen Häuschen am Waldrand. Eigentlich könnte alles so schön sein in Wanjas Leben, wäre da nicht die quälende Ungewissheit im Bezug auf ihren Vater, der sowohl von ihrer Mutter, als auch von ihrer Großmutter totgeschwiegen wird. Doch Wanjas Neugier wird immer größer und somit auch der Wunsch zu erfahren wer ihr Vater ist und warum niemand über ihn sprechen will. Eines Nachts, gerade zur Mitternacht, ertönt die Stimme einer alten Frau aus ihrem Radio, welche sie zur Ausstellung Vaterbilder einlädt. Bei dieser Ausstellung, welche nur sie und einige andere Jugendliche auffinden können, gelangt sie in das Reich Imago. Hier lernt sie eine Gruppe Zirkusleute kennen, aus dem Zirkus Anima. Vorallem Taro, den Artisten, schließt sie schnell in ihr Herz, denn er ist so wie sie sich ihren Vater immer gewünscht hat. Viele Fragen tun sich Wanja auf, was hat es mit der Ausstellung auf sich? Warum muss sie bei jedem 3. Gongschlag zurück in die reale Welt und was hat es mit dem schrecklichen Raben auf sich? All diese Frage versucht Wanja zu klären und muss sich, neben den wunderbaren Dingen die sie erlebt, auch ihren Ängsten stellen.

Imago war ein Buch, das sich wirklich sehr schön flüssig hat lesen lassen, es war leicht zu lesen ohne in irgendeiner Form kompliziert zu werden und eignet sich daher hervorragend als leichte Lektüre. Eben durch diesen Schreibstil kam ich sehr gut und schnell rein ins Buch und das obwohl man gleich zu Beginn in einen Streit zwischen Wanja und ihre Freundin Britta gerät. 

Das Buch wusste mich mit seiner Handlung zu fesseln, sodass ich das Gefühl hatte das ich gezwungen war weiterzulesen, weil ich wissen wollte wann Wanja wieder nach Imago kann oder weil ich mehr über ihre Familienverhältnisse wissen wollte. oder, oder, oder. Dies wurde noch mehr geschürt durch die klein gehaltenen Kapitel, die mich an kleine Häppchen erinnert haben, die Appetit auf mehr machen.
Vorallem aber der Humor, der ab und an durch kam, hat mir wirklich gut gefallen, hierbei handelte es sich oft um Situationskomik, über den man lachen musste weil man eben den Kontext kannte.

"Lass dich von dem miesen Fettkopf nicht fertig machen. Wo andere ihr Herz haben, hat der eine Null-Komma-Null zum Quadrat."
 (S.334)

 Doch auch die teilweise tiefgründigen Momente in diesem Buch, haben mir ausgesprochen gut gefallen, generell war alles immer sehr gut beschrieben, so dass ich immer alles ganz genau vor Augen hatte.

"Wanja fand, dass Musik Geschichten erzählen konnte, auch ohne Worte, und das Abschlussstück des Akrobaten erzählte eine Geschichte von Glück und Traurigkeit, von Traum und Wirklichkeit, und davon, wie nah diese Gegensätze oft zusammenliegen."  
(S.65)

 Die Idee des Buches, in eine fremde Welt durch ein Bild zu steigen, fand ich sehr schön. Eine fremde Welt, die einen eigentlich doch gar nicht so fremd ist, da man dort eben nicht auf irgendwelche Fantasygestalten trifft und die trotzdem zu überzeugen und zu begeistern weiß. 
Trotzdem fand ich das die Welt Imago uns doch hätte noch etwas mehr gezeigt werden können, dies wäre durchaus noch ausbaufähig gewesen, obwohl es auch so gut zu der Geschichte gepasst hat wie es war. So wurde die nähere Umgebung einen genau beschrieben und auch die Personen und man konnte sich alles, wie schon erwähnt, sehr gut vorstellen, aber irgendwie hätte da meiner Meinung nach noch mehr kommen können. Außerdem fand ich die Zeit die Wanja in Imago verbrachte manchmal ziemlich kurz, was ich sehr schade fand. Zwar waren auch die Geschehnisse außerhalb von Imago interessant, waren aber keinesfalls so spannend wie wenn Wanja sich in Imago aufhielt. 
Schön fand ich auch das man so wirklich überhaupt nicht selbst hinter die ganzen Gehenmisse kam, ab und an hatte man eine Idee was es mit der Ausstellung oder dem Artisten Taro auf sich haben könnte, merkte dann aber schnell das dies wohl wieder nicht stimmte. Die Aufklärung zu den Fragen die sich einen stellen kommen eher zum Ende hin und waren wirklich schlüssig.
Im Gegensatz zu den vorherigen sehr positiven Dingen, konnten die Charaktere mich leider nicht wirklich überzeugen.
Wanja war als Protagonistin mir durchaus sympathisch, aber so richtig ist der Funke nicht übergesprungen, an einigen Stellen blieb sie mir irgendwie zu blass, das gewisse etwas hat mir gefehlt, was jedoch nicht heißt da sich sie nicht mochte. 
Ihre Mutter Jo konnte ich am Anfang so gar nicht leiden, zuerst kam sie mir überfordert, faul vor und als ob sie sich gar keine Zeit für ihre Tochter nimmt. .Das Thema "Vater" war bei ihr völlig tabu, oft ist sie da völlig ausgerastet, was sie mir nur noch weniger sympathisch machte, auch wenn ich es zum Ende etwas nachvollziehen konnte. Dann gibt es da aber auch wieder ihre andere Seite in der sie Wanja mit den absurdesten Kosenamen ansprach und super freundlich war, so mochte ich sie zwar mehr, allerdings war das manchmal schon zu viel des Guten.
Wanjas Freundinnen, blieben mir zu eindimensional, so lernte man ein gewissen Wesenszug von ihnen kennen während der ganzen Geschichte , den ich meist eher schrecklich empfand, und das war es dann auch schon, die einzige die man etwas mehr kennenlernte war Britta. Ich muss auch sagen da sich fand das Wanja und ihre Freundinnen so gar nicht zusammen passten.
Mischa, den einzigen den man auch noch wirklich näher kennenlernt und auch über seine Gefühlswelt mehr erfährt, ist neben Wanja, auch eine wichtige Person. Ihn mochte ich, trotz seiner anfänglichen Verschlossenheit, noch mit am meisten.
Über die Artisten selbst erfährt man gar nicht so sehr viel während der Geschichte, trotzdem war es ausreichend um sie ins Herz zu schließen.

Wenn man über die Schwächen der Charaktere hinweg sieht, handelt es sich hier um ein wirklich schönes Jugendbuch, welches einen mit seiner Idee zu begeistern weiß.