Rezension

Eine schwache Fortsetzung mit einer kaum weiterentwickelten Bridget

Bridget Jones, Mad About the Boy - Helen Fielding

Bridget Jones, Mad About the Boy
von Helen Fielding

Bewertet mit 2.5 Sternen

Zum Inhalt:

Bridget Jones is back – allerdings ohne ihren geliebten Mark Darcy. Seit 5 Jahren ist die nun 52jährige Bridget Darcy schon Witwe und lebt allein mit den gemeinsamen Kindern Billy und Mabel in London. Seit Marks Tod hat sich Bridget völlig zurückgezogen, arbeitet nicht und hat ein paar Kilo zuviel auf den Rippen. Ihre Freunde beschließen, dass es für sie nun an der Zeit ist, endlich wieder richtig guten Sex zu haben. Prompt findet sich Bridget in der wunderbaren Welt von Twitter wieder und lernt den 29jährigen Roxster kennen, der ihre Gefühlswelt gehörig durcheinander bringt.

Meine Meinung:

Eines vorweg: Ich habe die ersten beiden Bridget Jones-Bücher und auch die Verfilmungen geliebt, bin also eine aus der alten Bridget-Riege, die dieser Fortsetzung sehr skeptisch gegenüber stand. Ich bin ein großer Mark Darcy-Fan, und für mich persönlich klang es wie ein Sakrileg, gerade diese Figur sterben zu lassen. Allein dies war der Grund für viele Fans, den 3. Band gar nicht erst anzurühren, doch trotz meiner Bedenken war es für mich sofort klar, dass ich diese Fortsetzung lesen möchte. 
Das Buch ist natürlich wieder in Tagebuchform gehalten. Es ist schon einige Jahre her, seit ich meinen letzten Roman auf Englisch gelesen habe. Ich tat mir ehrlich gesagt schwer mit Helen Fieldings Schreibstil, der sehr umgangssprachlich ist, gespickt mit modernem Vokabular, Slang und vielen Abkürzungen. (Allein, bis ich gecheckt habe, was spag bogs sind...) Ich bin mir sicher, dass mir hierdurch etliche Gags entgangen sind, weshalb ich mir auch nochmal auf jeden Fall die deutsche Übersetzung einverleiben werde und fairerweise den Schreibstil hier nicht weiter bewerten werde. 
Der Zeitsprung ist schon ziemlich krass. Plötzlich haben wir eine Bridget vor uns, die Anfang 50, zweifache Mutter und Witwe ist. Das muss man erstmal verkraften. Bridget war schon immer chaotisch, verplant, unorganisiert, hat oft zu tief ins Glas geguckt und trat in jedes Fettnäpfchen. Dennoch war sie auch immer gleichzeitig liebenswert. Dieses Grundprinzip wird auch im 3. Band beibehalten, jedoch fehlt mir die Entwicklung, die ein Mensch im Verlauf von ca. 15 Jahren zwangsläufig durchmacht. Bridget befindet sich immer noch auf dem alten Level, und genau das hat mich total genervt. Mein Problem ist Folgendes: Ich habe mich weiterentwickelt in all den Jahren zwischen Band 2 und 3. Die Hauptfigur hat es nicht. Und deshalb komme ich mit der Bridget im 3. Band irgendwie nicht mehr so recht klar. 
Sie trägt nun also Verantwortung für zwei kleine Lebewesen, und das ist sicherlich nicht einfach, wenn man alleinerziehend ist. Jedoch kann sie sich ansonsten nicht beklagen. Dank Mark hat sie genügend Geld, um nicht mehr arbeiten zu müssen, hat für die Kids eine Nanny und kann den ganzen Tag zu Hause auf der Couch sitzen oder sich alternativ mit ihren Freunden betrinken. Und trotzdem kriegt sie es noch nichtmal auf die Reihe, ihre Kinder pünktlich von der Schule abzuholen oder rechtzeitig zu wichtigen Terminen zu erscheinen (in denen sie dann sowieso lieber sinnfreie SMS verschickt, als den Anwesenden zuzuhören).
Auch Bridgets Freundeskreis war mir nicht mehr so sympathisch wie früher. Geistig gereift ist wirklich keiner von den Leuten, allen voran Tom und Jude. Ich fand es auch schade, dass Shazzer gar keine Rolle mehr spielte. Zwar lebt sie nicht mehr in London, aber innerhalb eines ganzen Jahres scheint es auch noch nichtmal ein Telefongespräch zwischen ihr und Bridget zu geben. Schade, dass Helen Fielding diesen Charakter einfach komplett unter den Tisch fallen ließ. Mit der egozentrischen Talitha hingegen konnte ich eher wenig anfangen und es nervte mich, dass Bridgets Freunde ständig betonten, dass sie wieder flachgelegt werden muss nach 5 Jahren Witwendasein. Einfühlsam geht anders. Aber im Endeffekt dreht sich das ganze Buch nur darum, flachgelegt zu werden. Selbst in ruhigeren, sentimentalen Szenen macht Helen Fielding alles mit Bridgets Notgeilheit kaputt, z. B. wenn sie in einem rührigen Brief an Mark schreibt „I fucking miss you and I miss fucking you.“. 
Die beiden Kinder Billy und Mabel bleiben leider viel zu oft im Hintergrund. Es gibt ein paar Szenen mit den Kids, ein paar wenige anrührende, in denen die Trauer um Mark thematisiert wird. Aber meist müssen die Kinder lediglich für ein paar schnelle Gags herhalten. Erst im letzten Viertel des Buches wird Bridget zu einer wirklich liebevollen, aufmerksamen Mutter. Vorher war sie viel zu sehr damit beschäftigt, sich volllaufen zu lassen, abzunehmen und mit ihrem Toy Boy tollen Sex zu haben. Auch Bridgets engste Freunde scheinen keinerlei Berührung mit ihren Kindern zu haben. Lediglich Daniel bildete hier eine Ausnahme und sorgte darüber hinaus nicht nur für Wiedersehensfreude, sondern auch für ein paar Schmunzler.
Ansonsten hat Helen Fielding mal wieder ziemlich dick aufgetragen. Sei es, dass es eine 50jährige Frau schafft, innerhalb weniger Monate mehrere Kleidergrößen abzunehmen, indem sie ärztlich verschriebene Proteinshakes trinkt, aber nebenbei noch ständig päckchenweise geriebenen Käse in sich reinstopft. Oder dass sie sich sofort danach den nächstbesten 20 Jahre jüngeren Toy Boy angelt, der natürlich nicht nur supergeil aussieht und ein Tier im Bett ist, sondern auch ansonsten noch perfekt von oben bis unten ist. Natürlich, solche Übertreibungen sind ja auch von den Vorgängerbänden bekannt, aber hier nervten sie einfach nur noch.
Außerdem scheint die Autorin eine Vorliebe für Fäkalsprache entwickelt zu haben. Da wird gefurzt und gekübelt, was das Zeug hält. Dies wurde so ausgeschlachtet, dass es irgendwann einfach nur noch eklig war.
Und doch, es gab sie, ein paar wenige Momente, in denen ich lachen konnte und in denen die alte Bridget in all ihrer Liebenswürdigkeit aufblitzte. Doch diese Momente waren zu selten und kurz, um dieses Buch als gelungen zu betrachten. Die letzten 100 Seiten versöhnten mich wieder ein bisschen mit den vorherigen, denn dort hatte ich zum 1. Mal das Gefühl, Bridget hätte sich doch noch weiterentwickelt, dazugelernt, und die Kinder standen endlich auch im Fokus. Dies wurde aber durch ein sehr kitschiges Ende wieder zunichte gemacht.
Es ist nicht so, dass Bridget ohne Mark einfach nicht funktionieren kann. Aber die Autorin hat aus ihrer Protagonistin eine nervige, trottelige, notgeile Cougar gemacht, was den vorherigen Bänden einfach nicht gerecht werden kann.
Es bleibt der bittere Beigeschmack, dass Helen Fielding hier nochmal auf den damals sehr erfolgreichen Bridget Jones-Zug aufgesprungen ist, um sich als Autorin wieder ins Gedächtnis der Leser zurückzubringen und vielleicht auch ein paar schnelle Kröten zu verdienen. Ich hoffe, eine weitere Fortsetzung bleibt uns erspart. Ich werde diesen Band so schnell wie möglich wieder vergessen, für mich endet Bridget Jones‘ Geschichte mit dem 2. Band und mit Mark Darcy. 
Die meisten eingefleischten Fans werden enttäuscht sein von dieser Fortsetzung. Alle Anderen werden vermutlich das in ihr sehen, was sie ist: Oberflächliche, kurzweilige, zuweilen amüsante Chick Lit.