Rezension

Erschütternd

Die Quintessenz von Staub
von Nora Lachmann

Bewertet mit 5 Sternen

„…Jede Familie hat ihre eigene Hölle…“

 

Das Buch beginnt mit einem Shakespeare - Zitat. Darin findet sich der Titel. Man sollte sich das nach Beendigung des Romans nochmals zu Gemüte führen.

Marie ist Single und mit ihrem Leben eigentlich zufrieden. Dass sie die Männer nicht halten kann, hat sie akzeptiert, Dann aber lädt sie ihr großer Bruder Richard zu einem Abendessen ein und macht sie mit Pius bekannt. Pius ist Wissenschaftler, ernst und entschlossen.  Er hofiert Marie und spielt bald auch auf der Klaviatur ihres Körpers. Er weiß sie zu nehmen und Klippen zu umschiffen. Marie liebt ihn, sie verfällt ihm. Sie begreift nicht, dass sie sich schon lange in einem Alptraum befindet.

Das Buch ist spannend geschrieben und hat schon nach wenigen Seiten bei mir eine sich stetig steigernde Beklemmung hinterlassen. Desto mehr sich Marie Pius` Regeln gebeugt hat, desto sicherer war ich mir, dass hier eine Menge schief läuft.

Pius wird als anziehender Mann charakterisiert. Er ist Forscher und der Meinung, der Schöpfung ins Handwerk pfuschen zu können. Sein Ziel sind gesunde Babys. Wer will das nicht! Doch heiligt der Zweck in jedem Fall die Mittel? Genau diese Frage wird im Buch auf überzeugende und bewegende Art beantwortet.

Die Gier nach Erfolg, der Drang nach Geld und die Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit sind die Motive, die das Handeln von Pius und Richard bestimmen. Die Rechte der Frauen und ihre Gesundheit bleiben dabei auf der Strecke.

Beeindruckt hat mich der Sprachstil der Autorin. Die Verwendung passender Bilder, das Spiel mit Adjektiven und die vielen Aufzählungen geben dem Roman seine Tiefe. Gerade durch die Aneinanderreihung von Fakten und Eindrücken in einem Satz werden die Psychen der handelnden Personen und ihr Umfeld gekonnt ausgelotet. Kurze Rückblenden in die Vergangenheit weisen auf Verletzungen hin, die dann nach und nach aufgearbeitet werden. Fast hat man den Eindruck, dass sich Gewalt in der Familie weitervererbt. Die emotionale Seite der Geschichte wurde sehr behutsam, aber punktgenau in Worte gefasst. Wichtige Sequenzen sind Maries Träume, die kursiv gesetzt wurden. Das unterschiedliche Verhalten von Maries Freunden sorgt für weitere Spannung in der Geschichte. Auf der einen Seiten gibt es Egoismus und Verrat, auf der anderen Hilfsbereitschaft und Zuneigung.    

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Autorin hat nicht nur eine fesselnde Geschichte erzählt, sondern aufgezeigt, wohin grenzenlose Forschung gepaart mit persönlichen Ehrgeiz und fehlenden Verantwortungsbewusstsein führen kann.

Eine Bemerkung möchte ich zum Klappentext machen. Wer sich davon eine Liebesgeschichte verspricht, wird erleben, dass er sich eher in einem Thriller befindet.