Rezension

Erster Band einer lesenswerten Reihe

Die Henkerstochter - Oliver Pötzsch

Die Henkerstochter
von Oliver Pötzsch

Bewertet mit 5 Sternen

Schongau, 1659: Ein sterbender Junge wird aus dem Fluss gezogen, auf der Schulter eine Tätowierung, die schnell als Teufelszeichen interpretiert wird, und auch eine Schuldige wird bald gefunden: Hebamme Martha Stechlin. Jakob Kuisl, Schongaus Henker glaubt nicht an deren Schuld, denn er kennt sie als freundliche Frau, die zudem seinen Kindern auf die Welt geholfen hat. Er hofft, Martha nicht foltern zu müssen, bevor er den wahren Schuldigen findet, doch der Rat hat es eilig, die Sache abzuschließen. Kuisl drängt die Zeit, doch wenigstens hat er Hilfe durch den Medicus Simon Fronwieser, der in Kuisls Tochter Magdalena verliebt ist.

Nachdem ich bereits spätere Bände der Reihe gelesen habe, hat nun endlich Band 1 auf meinem Bookseat Platz genommen, auf den ich schon lange neugierig gewesen bin. Im Prolog lernt man den jungen Jakob Kuisl kennen, der als Lehrling bei seinem Vater arbeitet, und nach einer besonders unangenehmen Hinrichtung keine Lust mehr auf den Henkerberuf hat. Im 30jährigen Krieg dient er in Tillys Armee – und schließlich trifft man ihn doch als Schongaus Henker an, den Grund dafür wird man im Laufe des Romans erfahren.

Kuisl ist tatsächlich ein Vorfahre des Autors (dazu schreibt er mehr im Nachwort), ich finde es faszinierend, dass er ihn zu dem Protagonisten dieser Reihe gemacht hat, denn genau das ist er, auch wenn der Titel anderes vermuten lässt. Er ist ein interessanter Charakter, kräftig, störrisch, aber auch mit sympathischen Zügen, seinen Beruf tut er, weil er muss, und wohl auch, um Gerechtigkeit walten zu lassen, doch wenn er, wie hier, keine Schuld erkennen kann, oder Mitleid ihn packt, fällt es ihm schwer. Als Unehrlicher hat er einen schweren Stand, durch sein Wissen und Können, aber auch einen gewissen Status.

Auch wenn die Henkerstochter, Magdalena, nicht im Mittelpunkt steht, mischt sie kräftig mit, auch sie ist klug und weiß was sie will. Der Dritte im Bunde, Simon, ist wissbegierig und hängt nicht, wie sein Vater, Althergebrachtem an sondern setzt auf moderne Ansichten. Nicht nur Magdalena, sondern auch Kuisls Bücherschatz führt ihn immer wieder ins Henkerhaus. Alle Drei sind Charaktere, mit denen man mitfühlen kann, und die man auch in den Folgebänden wiedertreffen wird.

Der Fall ist nicht so einfach, es gibt weitere Tote und diversen Vandalismus. Erst einmal muss ein Motiv (oder mehrere?) gefunden werden, gleichzeitig muss man Zeugen finden, die untergetaucht und in Gefahr sind, und zudem versuchen, Martha vor dem Schlimmsten zu bewahren. Ich fand es spannend zu lesen, der Roman wurde schnell zum Pageturner. Erschreckend ist wieder einmal, wie schnell aus Menschen ein Mob wird, der vor nichts zurückschreckt.

Wie auch spätere Bände schon, hat mir Band 1 der Reihe gut gefallen, er ist leicht und spannend zu lesen, mit Protagonisten, die man einfach mögen muss.