Rezension

Farbenprächtige und ergreifende Familiensaga

Das Haus am Alsterufer - Micaela Jary

Das Haus am Alsterufer
von Micaela Jary

Bewertet mit 5 Sternen

Der verwitwete Hamburger Reeder Victor Dornhain lebt mit seiner Mutter und seinen drei Töchtern in einem prächtigen Herrenhaus an der Alster. Dass seine jüngste Tochter Lavinia einem Architekten nachstellt, der am Bau des Elbtunnels beteiligt war, ahnt der angesehene Reeder nicht. Doch Lavinia hat es sich in den Kopf gesetzt diesen Mann für sich zu erobern. Dabei geht sie nicht ganz standesgemäß vor. Um einen Skandal zu vermeiden stimmt der Reeder den Ehewünschen seiner Tochter schließlich zu. Er sorgt außerdem dafür, dass der etwas widerstrebende Bräutigam ebenfalls von der Notwendigkeit der Eheschließung überzeugt werden kann. Niemand in der Familie Dornhain ahnt allerdings, dass Lavinias Schwester Nele ebenfalls in den gutaussehenden Architekten, also ihren künftigen Schwager, verliebt ist.

Etwa zur gleichen Zeit klopft die junge Klara Tießen an die Tür des Hauses am Alsterufer und bittet um eine Anstellung als Hausmädchen. Ein geheimnisvolles Empfehlungsschreiben ebnet ihr dabei den Weg. Drei Jahre später bricht der Erste Weltkrieg aus und das Schicksal beginnt die verteilten Karten neu zu mischen.....

"Das Haus am Alsterufer" ist eine wunderbar geschriebene Familiensaga, die perfekt in die historischen Begebenheiten eingebettet ist. Bereits auf den ersten Seiten taucht man in die lebhaft beschriebene damalige Zeit ein und lernt die Familie des Reeders kennen. Seine drei Töchter sind sehr unterschiedliche und man hat sie beim Lesen regelrecht vor Augen. Über die jüngste Tochter, die von allen behütet wird und stets ihren Kopf durchsetzt, kann man in wiederkehrender Regelmäßigkeit den Kopf schütteln und mit Nele, der Malerin, kann man das Künstlerleben in München beobachten. Ellinor, die Erstgeborene, wirkt zuverlässig und wie ein Fels in der Brandung. Sie hält sich in dieser Erzählung etwas im Hintergrund, denn das Schicksalskarussell dreht sich hier hautpsächlich für Nele, Lavinia und Klara Tießen. Den Dienstbotenbereich des Herrenhauses lernt man durch das neue Hausmädchen Klara Tießen kennen.

Obwohl man durch die Zusammenfassung des Inhalts vermuten könnte, dass es sich hier um einen belanglosen historischen Roman handelt, bei dem Liebe, Eifersucht und Intrigen im Mittelpunkt stehen, wird man bereits am Anfang eines Besseren belehrt. Denn die farbenprächtige und ergreifende Familiensaga hat weitaus mehr zu bieten als ein vorhersehbares Liebesdrama. Die lebendigen Charaktere wachsen einem unbemerkt ans Herz, sodass man regelrecht mit ihnen mitfiebert. Ganz nebenbei lernt man noch etwas über die damaligen Begebenheiten, denn historische Ereignisse fließen geschickt in die Handlung ein.

"Das Haus am Alsterufer" hat mich von Anfang an durch eine interessante, lebendige und farbenprächtige Geschichte gefesselt. Ich konnte mühelos in die damalige Zeit eintauchen und die Erzählung auf mich wirken lassen. Die Charaktere wirkten auf mich so lebendig, dass ich mich am Ende nur ungern von ihnen verabschiedet habe. Da es am Ende ein paar lose Handlungsfäden gibt, würde ich mich sehr über ein Wiedersehen freuen. Ich vergebe begeisterte fünf Bewertungssterne und eine ganz klare Leseempfehlung!