Rezension

Finsteres im Dorf

Finsterdorf -

Finsterdorf
von Peter Glanninger

Bewertet mit 4 Sternen

In einem kleinen Dorf verschwindet eine junge Frau und taucht unversehens wieder auf. Sie wirkt verwirrt und es scheint, dass ihr, während dieser Zeit, etwas Schlimmes zugestoßen ist. Deshalb wird der unerfahrene Ermittler Thomas Radek nach Schandau geschickt, um dem Geschehen auf den Grund zu gehen. 

"Finsterdorf" ist ein Kriminalroman, der in einem Dorf in Niederösterreich angesiedelt ist und für mich von der Atmosphäre her in die Kerbe der Regionalkrimis schlägt. 

Schon am Anfang wird man mit einer brutalen und eindringlichen Szene in den Roman gezogen. Es geht gewaltig her. Beim Einstieg habe ich mich regelrecht unangenehm berührt gefühlt. Damit zeigt Peter Glanninger, dass er die Emotionen des Lesers aufwühlen kann. Ich fand es ausgezeichnet beschrieben und der Autor hat mir auf den ersten Seiten anständig Angst gemacht.

So packend und intensiv es anfangs war, wird es daraufhin beschaulicher. Der junge Ermittler Thomas Radek wird nach Schandau geschickt, um bezüglich der wiederaufgetauchten Verschwundenen zu ermitteln. Der Fall liegt zwar auf der Hand, weil die Dame wieder da ist, aber so ganz sauber wurde dieser noch nicht ad acta gelegt. Frei nach dem Motto: 

„Mach’ den Akt zum Wanderer, dann bekommt ihn ein anderer …“ (S. 65, eBook)

Radek stößt auf eine eingeschworene Gemeinschaft, der kaum ein Wort zu entlocken ist. Genau hier hat mich Peter Glanninger von der Atmosphäre her gehabt. Wer abgelegene Dörfer kennt, weiß, wie schwierig es ist bei den Einheimischen anzudocken. Ein Fremder wird jederzeit als Eindringling und Bedrohung wahrgenommen, misstrauisch beäugt und keinesfalls ins Vertrauen gezogen. 

Dementsprechend schwierig ist es für Radek, die Ermittlungen anzugehen und herauszufinden, was der jungen Frau geschehen ist. Diese wirkt völlig verstört, hat sich zurückgezogen und ist zu keiner klaren Aussage bereit.

Nach und nach erkennt Radek, dass in Schandau nicht nur das übliche dörfliche Gebaren, sondern eine Grundangst unter den Einheimischen vorhanden ist. Wovor fürchten sie sich?

Peter Glanninger schafft meiner Meinung nach eine eindringliche Stimmung. Diese Schweigemauer der Menschen war fast körperlich spürbar und Ermittler Radek hat mir teilweise leidgetan. 

Der Schreibstil hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich bin es gewohnt, deutsches Deutsch in Büchern zu lesen, aber ich freue mich, wenn ich auf meine Umgangssprache stoße. Deshalb war es umso erfrischender, dass der österreichischen Ausdrucksweise in diesem Krimi Raum gegeben wurde:

„ (…) und als er sein Gewand im Kasten verstaut hatte, ging er wieder nach unten.“ (S. 157, eBook)

Die Handlung war gut, aber mühelos zu durchschauen. Gewünscht hätte ich mir, dass es die eine oder andere Wende gibt, welche die Spannung hebt. 

Insgesamt geht es etwas in eine Austrian-Gothic-Richtung, was dem Roman sogar einen leichten Gruselflair verleiht. Eine unheimliche Note hat der Krimi auf jeden Fall. Dennoch war mir der Hintergrund zu dick aufgetragen. Einige Winkel mehr in der Handlung und ein kleinerer Rahmen, was die Motive und das Geschehen angehen, haben dem Buch zur Bestwertung gefehlt. 

So ist es ein atmosphärischer Krimi mit geradlinigem Geschehen, der aufgrund es dunklen Flairs und österreichischem Lokalkolorit bestens zu lesen ist.