Rezension

"Gärten sind die zärtlichsten Spuren, die Menschen auf dieser Welt hinterlassen können." (Autor unbekannt)

Augustas Garten - Andrea Heuser

Augustas Garten
von Andrea Heuser

Bewertet mit 5 Sternen

~~"Als erstes hat Gott der Allmächtige einen Garten angelegt."
Sir Francis von Verulam Bacon 1561 - 1626

Im Sommer 1975 verlässt die 5-jährige Augusta mit ihrer Mutter Barbara ihr gewohntes und geliebtes Heim und ihren Vater, als die Eltern sich trennen. Barbara zieht mit ihrer Tochter zu ihrem Freund Eduard. Augusta denkt immer noch, sie machen nur einen Besuch, denn ihre Mutter macht sich nicht die Mühe, ihrer Tochter die Situation zu erklären. Augustas Fragen, wann sie denn wieder nach Hause gehen, werden von Barbara immer nur mit „bald“ abgeschmettert. Doch das „bald“ dauert immer länger, Augusta, wenn auch noch ein kleines Mädchen, beginnt zu verstehen, dass ihre eigene Mutter sie anlügt. Sie will zu ihrem Vater, will nach Hause, doch was soll sie tun? Sie will nicht bei Eduard wohnen, sondern mit ihrer Mutter und ihrem Papa zusammen sein wie früher. In ihrer Verzweiflung und Einsamkeit träumt sie sich in den ans Fenster gemalten Garten, wo sie sich ihrem imaginären Freund anvertrauen kann, was ihr auf der Seele liegt und ihr das Herz so schwer macht, sonst hört ihr ja niemand zu. Als ihre Mutter ihr kurz vor ihrem 6. Geburtstag erzählt, dass es kein Zurück zum Papa und dem alten Zuhause geben wird, fasst Augusta den Entschluss, ihren Vater auf eigene Faust zu besuchen. Am Geburtstagsmorgen macht sie sich ganz allein auf den Weg, der sie jedoch nicht zu ihrem Vater, sondern direkt in ein Unglück führt. Warum musste es so weit kommen?
Andrea Heuser hat mit ihrem Roman „Augustas Garten“ einen zauberhaften Debütroman vorgelegt. Der Schreibstil ist leise, poetisch, leicht melancholisch, emotional und dabei zart wie ein Schmetterling, der einen mit seinen Flügeln an der Wange streift. Sehr gefühlvoll erzählt die Autorin die Geschichte hauptsächlich aus der Sichtweise ihrer Hauptprotagonistin Augusta und erweckt das kleine Mädchen in den Köpfen der Leser regelrecht zum Leben. Ausflüge in die Vergangenheit der Eltern werden durch einzelne Rückblenden sehr schön mit in die Handlung eingebunden, sind sie doch unverzichtbar, um einzelne Handlungsweisen der Erwachsenen zumindest in Ansätzen nachvollziehen zu können. Doch die Hauptperson dieser Geschichte ist Augusta. Ihr Heimweh, ihre Wut über die Lügen der Mutter, ihre Sehnsucht zu ihrem Vater und auch ihre unendliche Einsamkeit sind regelrecht greifbar und treffen den Leser mitten in Herz und Seele.

"Wer mich kennen lernen will, muss meinen Garten kennen, denn mein Garten ist mein Herz."
Hermann Fürst Pückler-Muskau 1785 - 1871

Augustas Rückzugsort, ihr „Fenstergarten“ mit ihrem imaginären Freund ist die Flucht hin zu Wärme und Geborgenheit, hin zu Wahrheit und Licht, hin zu sich selbst, hin zu ihrem Wunschleben, hin zu Freunden und Freuden, die es nur dort gibt. Die reale Welt hat ihr alles genommen, deshalb ist dieser imaginäre Garten für ihre Seele besonders wichtig und wird es immer sein. Augusta und ihre kleine Kinderseele brennen sich in das Herz des Lesers und lange Zeit, vielleicht für immer, werden diese „Brandnarben“ dort bleiben.

„Den Garten des Paradieses betritt man nicht mit den Füssen, sondern mit dem Herzen.“
Bernhard von Clairvaux 1091 - 1153

Eine Verbeugung vor Andrea Heuser, ihr ist ein literarisches Kleinod gelungen, meisterlich erzählt, wundervoll und einfach unvergesslich. Chapeau!

Kommentare

Brocéliande kommentierte am 30. September 2015 um 23:34

Eine schöne Rezension - das Buch landet sofort auf meiner WuLi ;)

Deine Zitate sind toll - und die Überschrift ganz besonders (bin eine Gärtnerstochter....)

Liebe Grüße!