Rezension

Gemische Gefühle

Umweg nach Hause - Jonathan Evison

Umweg nach Hause
von Jonathan Evison

Ben Benjamin steckt in einem tiefen dunklen Loch:  Das Kreditkartenlimit ist ausgereizt, seine Frau versucht verzweifelt seine Unterschrift auf den Scheidungspapieren zu bekommen und am liebsten würde er die Zeit zurück drehen. Da er nie einen richtigen Job hatte, aber trotzdem wieder Geld in die Haushaltskasse kommen muss, belegt Ben einige Kurs im Bereich häuslicher Pflege und wird so an den 19- jährigen Trevor vermittelt. Bei ihm wurde schon als Kleinkind Muskeldystrophie diagnostiziert  und er sitzt seit langem im Rollstuhl und ist auf täglich Hilfe angewiesen.

Kapitelweise nähert sich der Leser dem Schicksal von Bens Familie an. Aus dem Rückblick auf unbeschwerten, glücklichen Tagen entwickelt sich langsam die Katastrophe und man ahnt in welche schreckliche Richtung es gehen wird. Gleichzeitig kommt Trevor nach einer gesundheitlichen Krise langsam aus seinem Schneckenhaus der Routine heraus und lässt etwas hinter seine Maske aus Zynismus und coolen Sprüchen blicken. Er wagt sich letztlich sogar mit Ben auf den Roadtrip nach Salt Lake City zu seinem tollpatschigen Vater Bob. Klar, dass trotz minutiöser Planung alles etwas aus dem Ruder läuft und die zwei noch einige mysteriöse Mitreisende aufgabeln.

Ich hatte etwas andere Erwartungen an das Buch. Ich dachte die Hauptperson ist Trevor aber in Wirklichkeit stand Ben und sein Problem / seine Entwicklung mehr im Mittelpunkt. Es gab zwar eine Reihe komischer und ganz witziger Momente mit Galgenhumor, aber sicher ist es keine Komödie aller „Ziemlich beste Freunde“. Dazu wiegt das Schicksal Bens Kinder, und besonders sein Umgang damit, einfach zu schwer. Manchmal hätte ich ihn gerne geschüttelt und ihm mal ordentlich die Meinung gesagt, dann aber tat er mir auch irgendwie schrecklich leid.

Das Buchcover kommt zunächst recht schlicht daher, hat es aber wortwörtlich „in sich“. In der Innenseite des Buches gibt es hinten und vorne nämlich kurze, humorvolle Beschreibungen jeder Person der Reisegruppe inkl. einem Scherenschnitt. Das hat mir gut gefallen.

Das Buch lässt auf jeden Fall gemischte Gefühle bei mir zurück: Leicht bedrückt aber doch irgendwie mit einem Schmunzeln im Mundwinkel.