Rezension

Weniger Road Trip als erwartet

Umweg nach Hause - Jonathan Evison

Umweg nach Hause
von Jonathan Evison

Eine Geschichte um einen 40-Jährigen, dessen Leben aus den Fugen geraten ist, und der nun das Beste daraus zu machen versucht. 3 1/2 Sterne.

Inhalt

Ben, 40, hat es nicht leicht. Er hat einen schweren Schicksalsschlag hinter sich; seine Frau hat ihn verlassen, er war lange arbeitslos und ist hoch verschuldet. Nach einem Abendkurs in Krankenpflege heuert er beim 19-jährigen Trevor an, der unter einer unheilbaren Muskelkrankheit leidet und im Rollstuhl sitzt. Schließlich machen sich die beiden auf nach Salt Lake City, um Trevors Vater Bob dort zu besuchen.

Meine ausführlichere Meinung

Erzählt wird die Geschichte aus Sicht von Ben und es gibt immer wieder Rückblenden in seine Vergangenheit, genauer gesagt in die Zeit vor dem Ereignis, das sein Leben so auf den Kopf gestellt hat. 

Wer - wie ich - hauptsächlich einen Road Trip erwartet, wird enttäuscht. Dieser wird überhaupt erst nach der Hälfte des Buches angetreten und fällt recht kurz aus. Vielmehr nimmt Bens Midlife-Crisis und seine bevorstehende Scheidung sowie Erinnerungen an ein glücklicheres Leben Raum ein. Das sorgte zumindest bei mir dafür, dass es eine Weile gedauert hat, bis ich in die Geschichte gefunden habe.

Gut hat mir gefallen, wie Ben mit Trevor umgegangen ist. Aber bei so manchen Dingen dachte ich mir auch: "Da reitest du dich jetzt aber auch selbst noch tiefer in die Scheiße." Besonders humorvoll - zumindest für meinen Geschmack - war das Buch auch nicht. Im Gegenteil, es hat doch recht viel traurige Momente zu bieten.

Aber der Schreibstil hat mir gut gefallen: wie realistisch, teilweise doch schonungslos alles beschrieben wird. Selbst wenn für mich immer eine gewisse Distanz zu Ben herrschte und ich ihm manchmal am liebsten durchgeschüttelt hätte, gab es doch auch Momente, wo ich absolut mit ihm mitfühlen konnte und dankbar war, wie herzlich und entgegenkommend er sich seinen Mitmenschen gegenübern verhält. Das ist nicht selbstverständlich. 

Besonders betonen möchte ich auch den schönen Einband bzw. die Innenseiten vorne und hinten, wo Personenbeschreibungen der einzelnen Mitfahrer zu finden sind. Wirklich sehr gut gelungen - auch wenn ich hier wiederum dachte, dass der Road Trip die zentrale Rolle spielen würde, (wie Klappentext und Cover vermuten lassen), was definitiv nicht so ist.

Fazit

Eine wirklich nette Geschichte um ein paar doch zum Teil ziemlich kaputte bzw. vom Leben gestrafte und schwer gezeichnete Figuren, die versuchen, das Beste daraus zu machen, aber eben auch viele Fehler haben. Leider habe ich zum Protagonisten Ben bis zum Schluss nicht wirklich einen Draht gefunden und auch der Road-Trip-Aspekt kam mir zu kurz; hier haben Klappentext und Cover einfach andere Erwartungen in mir geweckt. Dennoch eine lesenswerte Geschichte!