Rezension

Glücksgriff oder Niete?

Glückstöchter - Einfach leben -

Glückstöchter - Einfach leben
von Stephanie Schuster

Bewertet mit 3 Sternen

Nach der erfolgreichen Trilogie über die „Wunderfrauen“ beginnt nun mit den „Glückstöchtern“ eine neue Reihe der Autorin Stephanie Schuster. Der erste Band „Einfach leben“ spielt auf zwei Zeitebenen. Zum einen ist da Anna von Quast, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Tochter eines berühmten Botanikers im Kloster Wessobrunn aufwächst und dort ihre Liebe zu Pflanzen und Natur entdeckt. Doch nach mehreren Schicksalsschlägen entschließt sie sich, ihr einst so geliebtes Zuhause zu verlassen und Fuß in der Großstadt München zu fassen. Dort kommt sie schnell mit dem Künstlermilieu und einem alternativen, naturheilkundlichen Lebensstil in Kontakt, was ihren weiteren Werdegang beeinflussen soll. Zum anderen geht es um Eva Klein, eine Münchner Pharmazie-Studentin in den 70er-Jahren. Nachdem sie erfahren hat, dass sie adoptiert worden ist, bricht sie mit ihrer Familie und stürzt sich ins Studentenleben, wo sie den freien Lebensstil der Hippies genießt. Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit liegen Eva und ihren Freuden am Herzen, aber führen auch zu Problemen. Und die familiären Spannungen und das Geheimnis ihrer Herkunft lasten bei all dem immer noch auf Anna.
Ich war sehr gespannt auf Stephanie Schusters neues Werk, da ich die Wunderfrauen mit Begeisterung gelesen habe. Die Themen Natur, Umweltschutz und Naturheilkunde schiene mir interessant und vielversprechend für eine neue Trilogie, in deren Fokus die zwei Frauen Anna und Eva stehen, die irgendwie miteinander in Verbindung zu stehen scheinen. Sind die Glückstöchter als ein „Glücksgriff“ im Bücherregal?
Positiv ist erst einmal anzumerken, dass Stephanie Schusters Schreibstil wie bei den „Wunderfrauen“ flüssig lesbar und unterhaltsam ist. Sie schreibt sehr eingänglich und auch wenn Kapitel mal ihre Längen haben, kommt man aufgrund des sympathischen Erzähltons gut durch die Seiten. Generell ist der Roman auch eine kurzweilige Lektüre mit potenziell interessanten Themen und Charakteren. Doch leider hat die Autorin dieses Potenzial für mich nicht ausgeschöpft.
Im Gegensatz zu den „Wunderfrauen“ bin ich mit den Charakteren nicht warm geworden. Zwar waren mir Anna und Eva nicht unsympathisch, aber sie sind sehr blass geblieben. Die Protagonistinnen und noch mehr die Nebencharaktere entwickeln keine Tiefe, sodass sie austauschbar wirken. Gerade bei Evas Kommilitonen musste ich mich konzentrieren, um sie nicht zu verwechseln, da sie meiner Meinung nach kein individuelles Profil aufweisen.  Ebenso beliebig wie die Figuren wirkte die Wahl der Themen auf mich. Zu viel wurde angerissen (sei es Umweltschutz, Naturheilkunde, Frauenrechte, Nachhaltigkeit oder familiäre Probleme, um nur einige Beispiele zu nennen) und dann nicht plausibel verknüpft. Somit ist ein roter Handlungsfaden für mich schwer erkennbar gewesen und ich konnte nicht unterscheiden, was für den weiteren Handlungsverlauf nun wirklich wichtig ist oder nicht. Die Autorin springt zu schnell von einer Thematik zur anderen, was auch dazu führt, dass Handlungen der Charaktere oft nicht nachvollziehbar oder sogar unlogisch sind. Für mich war in den „Glückstöchtern“ leider zu vieles unstimmig und am Ende bleiben selbst für eine Trilogie zu viele Fragen offen. Anstatt einer spannende Leitfrage, die man jetzt unbedingt mit der Lektüre des nächsten Bands beantwortet haben möchte, bleibt ein unzusammenhängendes Geflecht, weswegen ich nicht den unbedingten Drang habe, Annas und Evas Lebenswege weiterzuverfolgen.
Also, Glücksgriff oder Niete? Ich würde sagen, der Roman ist am ehesten ein Trostpreis. Aufgrund des zugänglichen Schreibstils der Autorin und ihrer bildhaften Sprache ist der Roman eine ganz nette Unterhaltung, aber mehr leider auch nicht. Fans von Stephanie Schuster mögen sich über ein neues Werk der Autorin freuen, aber allen anderen würde ich dann eher die „Wunderfrauen“ empfehlen, vor allem aufgrund der viel gelungeneren, plausibleren Ausarbeitung von Charakteren und Handlungen.