Rezension

Hinter den Kulissen der Kunstszene

Blütenschatten -

Blütenschatten
von Annalena McAfee

Bewertet mit 4 Sternen

Eve ist Künstlerin fernab des Mainstreams. Die wenig beachtete Pflanzenwelt und die Frauen in der Historie, die diese Pflanzen möglichst realitätsnah abbilden, sind ihre Leidenschaft. Ihr ganzes Lebenswerk richtet Eve auf ebendiese Unbeachteten aus. Neben der Kunst sind Männer ihre Leidenschaft, was nicht unbedingt förderlich für ihre ohnehin schon belastete Ehe ist.

Wir begleiten nun also die auf ihr Leben zurückblickende Eve bei ihrem Spaziergang durch London. Dabei sind Orte mit Erinnerungen verbunden, so dass aus vielen Details ein Gesamteindruck von Eve‘s Leben entsteht. Ehrlich gesagt, mochte ich Eve eher nicht. Sie wirkte auf mich von Neid und Missgunst zerfressen, stark auf sich selbst bezogen, überhaupt nicht anpassungsfähig. Nur kurzzeitig gab es hin und wieder ein Aufflackern an Sympathie für sie. Auch ihren aktuellen Liebhaber Luka mochte ich nicht. Zu Beginn ihrer Affäre unterstützt er Eve bei ihrer Kunst fast schon unterwürfig, doch er mausert sich, entwickelt sich in eine ganz andere Richtung. 

Obwohl mich auch kein anderer Charakter in Sachen Sympathie überzeugen konnte, hat mir der Roman selbst gefallen. Dabei haben es normalerweise Romane mit unsympathischen Charakteren schwer bei mir. Der Aufbau mit verschiedenen Erzählebenen war überzeugend, die Sprache ist anspruchsvoll, trotzdem angenehm lesbar. Die Perspektivwechsel schaffen beim Lesen einen Spannungsbogen, der im Verlauf immer weiter ansteigt und dann in ein sensationelles Ende mündet. Unerwartet war für mich der Ausflug in die Botanik. Wer mag, kann hier ganz nebenbei noch etwas über giftige heimische Blumen lernen, insbesondere über die Giftigkeit an sich. Zudem wartet die Autorin mit einer zarten, fast unmerklichen Komik auf.

Insgesamt war es interessant für mich hinter die Kulissen der Kunstszene zu schauen, den Konkurrenzkampf dort wahrzunehmen. Etwas anstrengend, aber passend in der heutigen Zeit war für mich die extreme Unzufriedenheit und Gehässigkeit einzelner Charaktere. Die am meisten Gefeierten glänzen durch Arroganz und Überheblichkeit, die Künstler:innen der zweiten Reihe ziehen über ebendiese her, können den Erfolg überhaupt nicht gönnen. Blütenschatten ist kein schöner Roman, aber ein guter, den ich gern weiter empfehle.