Rezension

Klug, bissig, bösartig

Blütenschatten -

Blütenschatten
von Annalena McAfee

Bewertet mit 4 Sternen

Eine Dezembernacht. An den Haustüren hängen geschmückte Tannengrüne, auf den Fensterbänken stehen Weihnachtssterne, auf den leergefegten Straßen von London hallen Schritte. Eves Schritte. Mit jedem Schritt, dass sie in der Nacht vorwärtsgeht, schwelgt sie ein Schritt zurück in ihrer Vergangenheit. Es ist kalt und regnerisch. Es ist düster. Genau wie Eves Stimmung.

Eve Laing: Die Künstlerin mit einem Faible für Blumen, ehemalige Muse von berühmten Maler Florian Kiš. 60-Jahre alt ist sie, Mutter, Ehefrau, Großmutter. Patin? Freundin? Schwester? Kann sein, muss aber nicht. Zartbesaitet war sie nie. Von rücksichtsvoll und Empathie ist auch nicht die Rede. Egal ob gegenüber ihr Mann, ihre Tochter oder ihrer Freundinnen, ihr Leben ist ein einziger Kampf um den Vorrang. Wenn es um Negativität geht, sie ist die Königin. Ihre einzige Liebe und Leidenschaft ist ihr Kunst und Blumen. Bis sie in einer Nacht den 30-jährigen Luka kennenlernte...

Annalena McAfee nimmt ihre Leser mit Eva auf einem Spaziergang und lässt sie in ihrer unbarmherzigen Seele blicken. Sie beschreibt Eves Gefühlswelt ungeschönt und gnadenlos ehrlich, sodass man Gefühl hat mit Eve Achterbahn zufahren. Mal empfindet man sich Abscheu, mal Leiden und immer wieder Fassungslosigkeit. Es ist kein leichter Spaziergang, dabei man Eve gern beiseite stehen will. Ihr Weg ist dunkel, unheimlich, geprägt von Enttäuschungen, Neid und Rache.

„Blütenschatten“ ist wie Eves Kunstwerke. Leise fängt die Autorin mit der Bleistiftzeichnung an. Stück für Stück malt sie die Leinwand mit ihrer poetischen Sprache aus und am Ende setzt sie ihre Initialen auf einem großartigen Gemälde ein. Wenn man bis Mitte geduldig bleibt, wird man an Ende mit einem literarischen Werk belohnt.