Rezension

Sehr gelungen: Das Leben selbst ist Kunst.

Blütenschatten -

Blütenschatten
von Annalena McAfee

Bewertet mit 5 Sternen

Macht Spaß!

Die Autorin weiß Bescheid. Sie war Feuilletonredakteurin bei der Financial Times und gab einige Jahre lang die Literaturbeilage des Guardians heraus. Sie kennt sich aus im Kunst- und Literaturbetrieb. Was liegt näher als darüber zu schreiben?

Aus ihrem Erfahrungsschatz heraus gestaltet McAfee ihre Protagonistin Eve Laing, die seit ihrer Kindheit eine kreative Ader hat, sich im Folgenden ganz der Kunst verschreibt und ihr Leben als Kunstwerk auffasst:

Zitat:
„Wir erhalten alle die Mittel, um unser Leben in ein Kunstwerk zu verwandeln. Was wir daraus machen, bleibt uns überlassen: ein Meisterwerk aus Licht und Schatten wie Goya? Einen Kupferstich von sagenhafter Komplexität wie Dürer? Oder ein rasch in eine Toilettenwand geritztes Grafitto? Du hast die Wahl.“

Doch der Kunstbetrieb ist nicht anders als auch der Literaturbetrieb, ein elitärer Club mit ganz eigenen Gesetzen. Da wird mit harten Bandagen gekämpft; es gibt einen undurchschaubaren Beziehungsklüngel, Protegees und Intrigen; unternehmerische Interessen spielen genau so eine Rolle wie der Zeitgeist. Wer den Zeitgeist bedient, ist angesagt. Wer ernsthafte Kunst macht, nämlich die, die sich nicht darum schert, wie sie sich verkauft, sondern wie sie ist, weil sie sein muss, wie sie ist, hat mitunter das Nachsehen. Es stellt sich auch die Frage, wer kann es sich leisten, sich der Kunst zu verschreiben, welcher Künstler kann von seiner Kunst leben und welche Kompromisse muss er machen. Sich verbiegen? Denn es geht immer auch ums Geld. Und um den Nachruhm. Um Ehrgeiz. Künstler sind … halt auch nur Menschen.

Eve Laing, das ist die, die ernsthafte Kunst macht, die sich ganz ihrer Profession verschreibt und sich aufopfert, sie hat einen schweren Stand. Ganz anders ihre langjährige Konkurrentin, die Performancekünstlerin Wanda Wilson.

Der Kommentar:
Wie Annalena McAfee ihre Leser Einsicht in die Kunstwelt aus der Sicht der promiskuitiven Eve Laing, Blumenkünstlerin, nehmen läßt, das hat Stil und Klasse. Sie läßt uns an Konkurrenzschlachten teilnehmen, nimmt uns mit hinein in den Entstehungsprozeß eines Kunstwerks, erfindet außerordentliche Ausstellungen, man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll, Wahnsinn oder Kunst? Provokation oder Schabernack? Was ist eigentlich Kunst?

Auf launige Weise führt uns die Autorin in der Kunstwelt herum und zieht uns am Nasenring durch eine spektakuläre Ausstellung und ja, durch den Roman. Geht man Annalena McAfee auf den Leim?

Fazit: Ein Roman über die Kunstwelt, den ich von Herzen empfehlen kann. Launig mit vielen Innenansichten.

Kategorie: Super gute Unterhaltung
Verlag: Diogenes, 2021

 

Kommentare

Emswashed kommentierte am 26. Juni 2021 um 09:23

Die Kunst lässt uns nicht mehr los... das ist doch wunderbar!

Steve Kaminski kommentierte am 26. Juni 2021 um 15:05

Klingt gut! Und Deine Rezi ist auch "launig" geschrieben.